Sonntag d 12t. März. Morgens
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Gleich anfangs muß ich Dir mittheilen mein Ernst daß die gute
Mühlenfels gestern von einer
Karoline von Mühlenfels (d.J.)
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Tochter
entbunden ist – noch habe ich gar keine
Nachricht ob alles gut und erfreulich ist, sehne mich aber unendlich
darnach und hoffte heute Nachmittag hin fahren zu
können.
Henriette Herz
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Jette
hatte sich hier heute angemeldet, aber nun komt sie gewiß
nicht, ich treffe sie wahrscheinlich da.
Ich bin heute Morgen etwas früher als gewöhnlich aus dem Bette
gekommen daher kann ich die
Kinder der Henriette von Willich aus erster
Ehe
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Kleinen
nun noch etwas im Bette warten lassen
und Dir einen Morgengruß bringen mein süßer Geliebter! vor
deinem Bilde habe ich ihn Dir schon gesagt – Du
Herzensmann daß Du immer so froh und glücklich
schreibst das ist mir ordentliche Wonne – Vgl. Brief
.
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wie schwebt auch mir das ganze Leben so ungestört
herrlich vor – jedes traurige mit Dir gefühlt, wie muß es Schönes
enthalten und im Gemüthe zurücklaßen – Auch mir begegnet oft so ein heimliches
unverstandenes Lächeln wie Dir mein süßer Ernst – Gott wie
ist mein Herz oft so voll von Liebe für Dich daß es gar
nicht weiß sich auszusprechen – nur an Deiner Brust – an
Deinem Herzen Ernst – unendlich geliebter Mann leb wohl
die | 51v
Kleinen wollen sich
nicht länger halten lassen –
Gestern ward ich recht entschädigt für die Entbehrung des vorigen
Posttags. Ich erhielt Vgl. Brief und Brief
.
[Schließen]Deine Briefe vom 28 und 3ten
auf einmahl – so groß mein Verlangen war so mußte
ich mich doch lange gedulden ohne sie lesen zu können,
der Ehrenfried von Willich (d.J.)
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Friedle
wollte nicht von meinem Arm und das Lesen wollte
er auch nicht erlauben.
Hernach erbarmte Sophie von Schlichtkrull
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Sophie
sich und ich lief nach meinem Zimmer mit
den süßen Briefen –
Vgl. Brief
.
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Ich glaube wohl daß Du Dich nicht recht vernehmen kannst aus
meinem Verhältniß mit Louise – Du hast aber doch gewiß Recht in dem
meisten was du sagst nur glaube ich daß mehr mein
ungetheiltes Mutterleben als die Ehe mit
Ehrenfried etwas von Louisens
Traum zerstört hat.
In mir entschied sich grade in der Zeit wo das
Mutterglück mich so ganz
erfüllte, diese Abneigung gegen Louisens Wesen die Du ganz mit Recht
tadelst. Ich hatte ein gar zu lebendiges Bild davon wie es in Sagard war.
Luise von Willich und Marianne von Willich -
Schwestern des verstorbenen Ehrenfried von Willich - kümmerten sich um
den Sohn und die Tochter ihres Bruders, Theodor und Amalie von Willich;
beide waren Kinder der Charlotte von Willich geb. Cronheim.
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Louise war eigentlich Theodors Mutter
und
Mariane
Malchens ihre
und
die wirkliche Mutter
war den Kindern lies: entschieden
[Schließen]entscheiden nicht so lieb und so nahe.
So dachte ich wird es hier auch werden und ich hatte eine
Furcht vor Louisens
| 52 Liebe zu den Kindern, um so mehr da mir ihre Liebe für
Theodor so
sehr misfiel und für das Kind zum grösten
Nachtheil zu sein schien, und alle Freunde und
Ehrenfried fühlten darin mit mir gleich – so
daß ich wohl wircklich damals oft mag recht kalt herzliches
Hinneigen zu ihm, aufgenommen haben. Ich war überhaupt eine recht
sonderbare eigensinnige junge Mutter – von
meinen Ideen über die Behandlung des Kindes besonders im
Geistigen brachte mich nichts ab, selbst zu Ehrenfried hatte ich darin nicht
ganzes Vertrauen welches mich nachher oft gereut hat.
Dieser war aber im Ganzen doch so voll Freude an dem Kinde
und an mir und an meinem Sein mit ihm
daß er mich in allem ruhig gewähren ließ mit unendlicher
Geduld mich trug und nur selten aber doch einige mal war er
unzufrieden, aber auch recht sehr, über mein
ausschliessendes Mutterleben das mich von allem Umgang
ausschloß, über meine Kleinen bisarrren Ideen.
Nun denke Dir aber Louise mit
ihrer Sehnsucht selbst zu leisten und zu
genießen –
Es war damals so arg in mir daß ich ordentlich in beständiger
heimlicher Bewegung und Herzklopfen
über Louise war, meine Heiterkeit litt unendlich
dadurch und des Henriette Pauline Marianne von Willich
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Kindes
seine vielleicht mit.
Sie hielt sich freilich ganz zurück | 52v aber nicht ohne viel Wehmuth und etwas Bitterkeit.
Aus dieser Zeit stamt sich Louisens Mißtrauen korr. v. Hg. aus: daßdas
auf diesem einen Punkt gegründet, in allem andern grundlos
war, denn übrigens ward es mir nicht sehr schwer sie zu
tragen und ich hatte sie recht lieb. Vorstellen kannst du dir es
übrigens gar nicht worin das schwere besteht wenn man etwas
mit ihr zusammen treiben muß, es läßt sich nicht beschreiben, aber
es gehört gewiß viel dazu dahin zu kommen es als Vgl. Brief.
[Schließen]etwas nothwendiges phisisches zu behandeln wie Du
sagst.
Ehrenfried war das auch nicht ganz
gelungen, und ich erinnere mich daß wir einmahl darüber sprachen
und daß er sagte, es sei das kaum möglich denn
ihre Ansprüche stießen wircklich oft gegen unsere Freiheit
– Lieber Ernst ich sage
kein Wort darüber daß es scheinen könnte als wolle ich
Louisens Schwächen recht herausheben – zu
Dir bedarf es das nicht auch liegt ihr Gutes so klar am
Tage daß man darüber weiter gar nicht zu sprechen
braucht. Vgl. Brief
.
[Schließen] Ich bin ganz Deiner Meinung daß wenn sie künftig
bei uns sein wird sei es kurz oder
lange nichts der Art vorkommen | 53 wird – eben so stehe ich auch für die Zeit die wir nun
noch zusammen sein werden, und mein Brief hoffe ich wird
ihr die Liebe die ich wircklich für sie habe recht fest gemacht haben
und das Vergangne so gut in ihr ausgelöscht
haben wie das möglich ist
Ruhiger sehe ich die Sache jezt auch als da ich neulich so sorgenvoll dir schrieb, aber Schuld habe ich doch immer viel –
Vgl. Brief
.
[Schließen]Süßer Ernst ob ich mich fürchte? Du brauchst nicht erst Dich auf
Deine Küsse und Deine Blicke zu
berufen – ach Gott nein Du kannst niemals böse auf mich sein
– und ich kann nie anders als gut sein wenn ich durch Deine
Gegenwart wie in ein höheres Dasein gehoben bin – Süßer
Mann ich frage oft – wie wird mir sein! ich weiß es doch kaum wie
mir sein wird – – Vgl. Brief
.
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Ach es ist mir
wohl nahe genug gegangen daß ich den 5ten
nicht communiciren konnte, es war gar keine Communion ich wußte
es vorher und wundere mich es Dir nicht
geschrieben zu haben
Vgl. Brief
.
[Schließen]– aber gebeten habe ich Dich doch den
16ten fest dazu zu bestimmen,
Schlichtkrulls werden dann wohl
auch communiciren. Sonst könnte ich wieder
nicht darauf rechnen denn wenn hier auch Communion angesezt
wird so finden sich doch gar keine Communicanten | 53v in einem halben Jahre hat
Schlichtkrull
keinen gehabt.
Vgl. Brief
.
[Schließen]Wohl war es schön daß du neulich so recht Ernst warest und
dich so ganz aussprachst es war so tief
und so wahr was du sagtest daß ich es
eigentlich unendlich gern von Dir hörte –
Ja immerhin magst Du mitunter meinen Ernst in Scherz umkehren was gestände ich nicht zu –
Lieber Ernst ich habe doch so noch nicht die Liebe und die Ehe verstanden als jezt, doch nun bin ich auch stolz genug mich recht eingeweiht zu halten. Geliebter Ernst alles Heilige wird durch Dich neues Leben in mir gewinnen –
Ernst auf deine Predigten auf die Kirche überhaupt freue ich mich ganz ungeheuer – ist eine schöne Orgel in deiner Kirche? – ohne Zweifel.
Vgl. Brief
.
[Schließen]Die Wittwenkaße hat im April mir alles ausgezahlt, ich habe
nur für October zu fordern
Ich muß aufhören, Du wirst dem Briefe ansehn daß ich mich rasend dabei gesputet ich sehe noch nicht wann ich werde zu Dir kommen können – | 54
Sissow,(?) Montag Morgen.
Seit gestern Nachmittag bin ich hier mein geliebeter Ernst – habe die
liebe Wöchnerin
leidlich gefunden und das
Karoline von Mühlenfels (d.J.)
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Kind
allem Anschein nach
gesund,(?) nur mit dem stillen will es
noch gar nicht gehn wir haben viel
Noth damit, ich hoffe aber doch noch, da
Karoline von Mühlenfels
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Line
so fest und geduldig ist – Ich bin die Nacht bei ihr auf
gewesen, sie will mich auch so gerne noch behalten,
es wird nun darauf ankommen was für Nachricht von
Ehrenfried von Willich (d.J.)
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Friedchen
erhalte ob ich länger bleibe oder heute wieder nach Poseritz fahre.
Daß ich Friedle verlassen habe daraus
kannst Du schon schliessen daß er frei von Fieber
und völlig auf dem Wege der Besserung ist –
Nun nur ganz kurz theurer Ernst was ich gestern mit Jette verabredet, nehmlich daß es beßer sei die Sachen fortzuschicken ehe ihr hier seid weil das sonst viel Unruhe und Stöhrungen geben würde – Ich setze also den 14 April fest, an diesem Tage sollen die Sachen in Stralsund bereit zur Abhohlung stehen – Der einzige Grund warum ich es später gewünscht hatte war der, daß ich gerne mein Leinzeug das | 54v viele Flecke hat, gebleicht hätte einige Wochen lang, Jette meint aber ich könne in Berlin auch bleichen lassen und mit vielen Umstände und Kosten wäre es auch hier für mich verknüpft gewesen – Also den 14ten April Wenn Du nichts einzuwenden hast.
Ich kann Dir gar nicht sagen wie viel Theil ich daran nehme daß hier
alles gut geht, es erfüllt mich jezt ganz.
Mein
Friedrich von Mühlenfels
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Bruder
ist mir recht rührend in seiner
außerordentlichen Liebe und Freude die doch von eben so viel
Besorgniß begleitet ist – Carolin
ist so glücklich – das Kind allerliebst.
Mein Herzens lieber Mann ich schließe Dich zärtlich in meine Arme und bin immer ganz
ganz Deine Jette –Die Wöchnerin grüßt Dich –
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