Freitag d 2  über den ursprünglichen Text geschrieben3t. Merz Abends.

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Du hast mich so süß verwöhnt liebe einzige Jette durch posttägliches Schreiben daß ich sehr gejammert habe heute keine Briefe gehabt zu haben. Ja ich hätte Dir ein wenig schmollen können weil ich glaube Vgl. Brief . [Schließen] Du mußt meine Bitte schon haben, daß du jezt so lange Krankheiten bei Euch [...]  über den ursprünglichen Text geschriebenumgehn doch immer ein Paar Zeilen schreiben möchtest. Indeß kann ich nicht sagen daß ich mich ängstige zumal es nur die kurze Frist ist die ich abzuwarten habe bis Sonntag. Ueberdies ist mir noch manches  Vgl. Brief . [Schließen]aus Deinen lezten Briefen zu beantworten übrig und da ich schon wieder bezweifeln muß ob ich zwischen hier und Sonntag Mittag noch einmal zum Schreiben kommen werde so will ich das lieber jezt gleich abmachen. Morgen muß ich auf einen durch Besuche und Kleinigkeiten sehr gestörten Vormittag zu rechnen. Dann habe ich Vorbereitung zu halten, die ziemlich ohne Interesse für mich sein wird, da wol kein Bekannter communicirt, und ich auch nicht, nun du nichts von dir hören läßt, denn halb und halb hatte ich gehofft du solltest diese Communion weil sie eben so unmittelbar vor deinem Geburtstag einfällt zu unserer gemeinschaftlichen wählen. Gegen Abend muß ich dann noch ein Paar Stunden in Geschäften aus sein und den Spätabend muß ich da ich bis jezt noch gar nichts von der Predigt weiß wol ausschließend dieser widmen. Sonntag ist dann Predigt und Communion,  Getauft wurde Cecilie Gaß.  [Schließen] und dann soll ich bei Gass taufen und es bleibt gewiß kein Körnchen Zeit zum Schreiben. Sieh Liebchen ich rechne Dir das alles so vor damit Du Dich ein wenig daran gewöhnst und es Dir nicht sonderbar vorkommt wenn ich manchmal herumgehe und beseufze was für ein geplagtes Individuum ich bin. – Aber nun zu Deinem lezten Briefe süße Jette, Luise von Willich, vgl. Brief . [Schließen] neulich hat mir das von Luisen alles andere verschluckt.

 Vgl. Brief . [Schließen]Ich hätte zu Deinen pikanten Redensarten kein ernsthaftes Gesicht machen sollen, und habe es doch gethan – nicht  | 32v als ob ich nicht gewußt hätte was alles Scherz darin war und wie weniges Ernst, und daß eigentlich gar nichts Wesentliches zu berichtigen war zwischen uns. Aber wofür hieße ich denn Ernst wenn es nicht recht zu mir gehörte manchmal recht unerwartet und plözlich aus dem Scherz überzugehn in Ernst? Ich habe Dir das schon ein Paar Mal gemacht, und auch diesmal hat Dein klein weniges Ernst den großen Ernst hervorgelokt und es ward mir recht so zu Muth Dir das schöne wesentliche worüber wir so sehr Eins sind grade so auszusprechen eben damit du mir hernach sagen möchtest daß du ganz mit mir einig bist. Ein andermal mache ich wieder ebenso aus dem Ernst Scherz. Das kennst Du wol auch schon, nicht wahr? und gehörst unter die sehr wenigen, Frauen zumal, die es recht verstehn und bei denen ich es wagen darf ohne Mißdeutung. Denn oft bin ich schon deshalb für irreligiös spöttisch und grundhartherzig gehalten worden.  Luise von Willich und Sophie Schlichtkrull, vgl. Brief . [Schließen] Wer weiß ob nicht auch Luisens und Sophiens Verdacht daß ich wol nicht ganz frei von weltlichen Grundsäzen sei nicht auch daher kommt. Wenn die sich mit ihren Vorstellungen und Zweifeln über die Verhältnisse deren du erwähnst an mich gewendet hätten so würde ich mich allerdings berufen gefühlt haben alles mögliche zu thun um ihnen meinen Sinn darüber und die Sache selbst recht klar zu machen, und wenn Du irgend etwas dazu thun kannst, daß es künftig geschieht so thust du mir ordentlich einen Gefallen, da bin ich sehr gern zu Erläuterungen bereit, aber mit den Männern liebste Jette nehme ich mich grausam in Acht. Wenn ich einen oder ein Paar allein habe dann nicht; und wenn ich merke daß es einem ordentlich darum zu thun ist meine und seine Meinung über einen Gegenstand durchzusprechen werde ich schon suchen mir ihn allein zu haben wenn ich irgend glauben kann daß es zu etwas führt. Aber in Gesellschaft hasse ich nichts mehr und hüte mich vor nichts so sehr als was nur von weitem einem Disputiren ähnlich ist.  Vgl. dazu auch die Bestimmung der „Schicklichkeit“ in Friedrich Schleiermachers Schrift „ Versuch eine Theorie des geselligen Betragens “ (1799), S. 176-178. [Schließen]Einmal kann ich gar nicht disputiren ohne so tief auf den Grund zu gehn wie es doch dem leichten  | 33 Wesen was in einer Gesellschaft immer herrschend bleiben muß gar nicht angemessen ist, darum wende ich mich gleich zum allerleichtesten, drehe ab oder mache Scherz damit es nicht zu ernsthaft wird. Dann aber auch wenn im Disputiren einer gemeine Dinge vorbringt oder gar unsinnige und solche wo eine schlechte Gesinnung heraus spricht so kann ich gar nicht mehr für mich stehen, in welchem Grade ich bitter oder heftig werden kann.  Vgl. Brief . [Schließen] Ich möchte aber doch wissen wer auf Rügen deshalb über mich geklagt hat, und wenn es irgend zu wagen ist will ich sehn was ich gut machen kann. Oft aber kommt meine Abgeneigtheit auch lediglich daher weil ich voraus sehe ich werde mich entweder gar nicht oder nur auf eine weitläuftige und langweilige Art deutlich machen können, und dieses Gefühl von Ungeschiktheit habe ich häufiger als Du wol glaubst. Du meine Gebieterin hast übrigens, den lezten Fall ausgenommen ein universelles Mittel mich reden zu machen, nemlich wenn Du eine Sache selbst übernimmst. Denn wenn ich die Freiheit habe meine Rede an Dich zu richten so bin ich gleich sicher keine Thorheit zu hören als keine zu begehen.

Aber nun habe ich Dich auch noch etwas ins Gebet zu nehmen, Kleine, daß Du nicht recht ehrlich gegen mich bist.  Vgl. Brief . [Schließen]Schon neulich habe ich nicht erfahren was für liebliche Anträge dir eigentlich der besoffene Franzose gemacht hat, und nun erfahre ich auch nicht was der kleine Lieutenant der so charmant sein will dir für Artigkeiten sagt oder anthut. Mit den Franzosen das ist nun freilich nur ein Jammer aber Du glaubst nicht wie ich mich freuen würde wenn sich recht viele Leute in Dich verliebten und ich dann immer hörte wie sie sich dabei geberden oder auslassen.

 Vgl. Brief . [Schließen]Die Änderung die Du mit dem Sofa machen willst ist nichts liebste Jette. In meiner Arbeitsstube hat kein dreisiziger Sofa Plaz, und einen dreisizigen für  Anne (Nanny) Schleiermacher [Schließen] Nannys Stube haben wir schon. Der Deinige würde also nur unten in der Eßstube stehn können, wohin man einen ganz ordinären hier kaufen kann. Hast Du sonst an dem zweisizigen nichts aus | 33vzusezen: so dächte ich du tauschtest die Haare. Doch das hat alles noch Zeit bis wir zusammen sind, denn der Fuhrmann komt doch wol erst während unseres Dortseins. Süße einzig geliebte Jette wie freh  über den ursprünglichen Text geschriebenfreue ich mich wenn ich bedenke wie sehr die Zeit nun nahe rükt. Ich glaube ich kann nicht eben mehr als noch sieben Wochen rechnen bis zur Reise! wie schnell werden die vergehn! wie naht sich schon das herrliche schöne neue Leben. Je näher es kommt desto mehr beschäftige ich mich damit und desto mehr sehne ich mich danach; ich bin schon ganz bis ins einzelnste damit vertraut, und oft umschwebt mich ein Lächeln was Niemand errathen kann wenn ich mir irgend eine Kleinigkeit, einen Scherz eine liebe Minute recht ausmale. Ich freue mich auch sehr daß es nun alle Leute wissen damit ich überall davon reden kann und ich rede von Frau und  Kinder der Henriette von Willich aus erster Ehe [Schließen] Kindern wie einer der plözlich reich geworden ist von seinen Tausenden. Du würdest recht Deine Lust daran haben wenn Du es hören köntest. Nein Du lieber Gott wie schön ist es! Aber nun laß dich auch geschwind umarmen und mit tausend Zärtlichkeiten überschütten und mich zu Bette gehn denn es geht schon auf Zwei Uhr.

Sonnabend Abend. Eben habe ich meine morgende Predigt vorläufig so aus dem Groben in Ordnung gebracht, hernach muß ich dasselbe noch mit der Taufrede thun dazwischen muß ich noch ein Wörtchen mit dir reden. Morgen ist gar kein Augenblik übrig und auch jezt kann ich nur eine Geschäftssache berühren weil ich auch noch an  Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten [Schließen] Alexander schreiben muß. Die WittwenCasse hat in der heutigen Zeitung bekannt gemacht, sie wolle die rükständige zweite Pensionshälfte pro 1ten April 1808 gegen Zurükgabe des von der GeneralwittwenCasse darüber ausgestellten Reverses vom 8ten April an auszahlen lassen. Nemlich da die Quittungen natürlich alle auf die ganze Summe ausgestellt waren so erhielten die Aussteller nebst der halben Summe einen Revers daß die WittwenCasse die andere Hälfte noch schuldig sei. Nun hast du mir eine Quittung zugeschikt über 20  Reichstaler Friedrichsdor [Schließen]R Fd'or welche den 1ten October 1808 fällig waren. Diese werde ich natürlich jezt noch nicht geltend machen können. Aber Du hast doch gewiß von dem Ostertermin 1808 auch nur die Hälfte baar empfangen und also noch einen Revers über 10 R Fd'or in Händen. Oder sind etwa die kleineren Pensionen damals ganz ausbezahlt worden, besinne Dich doch und besprich mit Schlichtkrull wieder  über den ursprünglichen Text geschriebenwie die Sache steht, und wenn Du den Revers hast so schike ihn mir baldigst zu. Morgen früh muß ich nun erst das übrige an meiner Predigt thun und hernach sehe ich keine Möglichkeit zu Dir zu kommen, mehr also nehme ich von dir Abschied meine einzig geliebte. Morgen Nachmittag wird mich hoffentlich ein Brief von Dir erquiken nach viel überstandener Arbeit. Er soll mich recht stärken  Laut Tageskalender arbeitete Schleiermacher am Philebos  [Schließen] daß ich Abends noch tüchtig am Plato arbeiten kann. Solltest du nun nicht desto fleißiger schreiben da Du nicht mehr mit Luise  am linken Randliesest? Gott befohlen meine süße Liebe. Ja die Zeit komt bald wo ich es Dir besser mit Küssen versiegele als mit Worten sage wie ganz ich dein bin. Grüße und küsse mir auch die Kinder mit der innigsten  über den ursprünglichen Text geschriebensüßeste Vaterliebe die beiden süßen Herzblättchen.

Zitierhinweis

3116: An Henriette von Willich. Berlin, Freitag, 3.3. bis Sonnabend, 4.3.1809, ediert von Simon Gerber und Sarah Schmidt. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006945 (Stand: 26.7.2022)

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