Dantzig d. 5 Januar 1809.
Glück zum neuen Jahr, alter Philosoph! Wie hält es denn mit Dir; was
treibst Du; was machst Du? Im Schreiben, d. h. im
Briefschreiben, da scheint es mit Dir auch gar langsam
herzugehn. Doch hoffe ich daß Du mir einmal ein
Viertelstündchen opfern wirst, so wie ich auch sonst noch
auf Deine guten Dienste rechne.
Duisburg hoffte auf eine Stelle an der Stephanskirche in Bremen, vgl. Brief
und Brief
.
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Mit der Stelle in Bremen
, da wird es wohl diesmal nichts
werden,
sondern es wird den Hofprediger
Eylert
in
Potsdam treffen,
wie mir mein Christoph Georg Ludwig Meister
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Onkel
schreibt. Nun
aber weißt du aus meinen vorigen, zum Theil noch
unbeantworteten Briefen, daß ich aus
Dantzig weg will und weg
muß.
Es frägt sich also: kannst du etwas würcken für
mich, das mir
Eylerts Stelle zu Theil wird, wenn der geruffen
werden sollte? Oder weißt du mir sichere Wege an die Hand zu weisen,
die ich dazu einzuschlagen habe? Und überhaubt – aber bei
unserer alten Freundschaft bitte ich um eine hübsch
ordentliche Antwort – was kannst du mir für Wege
vorschlagen, um eine Stelle in den preußischen
Staaten
zu sich um eine Stelle bewerben
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Wäre es gerathen mich an Deinen Freund, den gegenwärtigen
Minister des Innern, Carl Friedrich Ferdinand Alexander Graf zu
Dohna-Schlobitten
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Dohna
zu wenden? Dürfte ich mich dabei auf meine
Bekanntschaft mit dir berufen? Würdest du auch wohl selbst
ein Wörtchen meinetwegen mit ihm sprechen?
Ich möchte zum Frühjahr so
gerne eine Reise nach einem andern Aufenthaltsort machen,
und am liebsten wäre mir der auf dem Lande.
Friedrich Carl Ludwig Duisburg:
„Religionsvorträge: ein Beytrag zur häuslichen Erbauung“ (1808) bei
Müller in Bremen erschienen und der Königin Luise von Preußen
gewidmet.
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Ich muß dir dabei bemerken daß bei Müller
in Bremen ein Bändchen Predigten von mir erscheint, das
ich jeden Posttag erwarte;
und diese habe ich der Eintzigen
Louise
dedicirt.
Wäre es rathsam bei Übersendung des
DedicationsExemplars bei Ihr um eine Anstellung
in ihren Landen zu bitten? – Oder ist es paßender der
OberHofministerin von Sophie Marie Gräfin von Voß
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Voß
auch ein Exemplar zu senden und mein Gesuch bei
der anzubringen? – Den in Ruhe gesetzten Minister von Schrötter werde ich bei seiner hiesigen
Anwesenheit, die in einigen Tagen statt finden wird,
sprechen und auch empfohlen werden. Ob der aber noch wohl
etwas würcken kann, das ist die Frage. Du mußt mir, wenn du anders
noch mein und der Meinigen Freund bist, einmal
schon einen Gefallen thun und mir ausführlich
darüber schreiben und (wofern du kannst) auch
deine Hand mitbieten, um mich auf einen festen Platz zu
helfen. Und wie solltest du nicht können da Dohna, der dich so liebt und ehrt, der Dich
bei deiner hiesigen Anwesenheit in meinem Hause besuchte,
dein Freund
ist. Und Dohna vermag jetzt viel, wenn nicht alles. Sein Wunsch, ist
jetzt Befehl.
Wahrlich Freund, du wirst mich und die Meinigen sehr
zufrieden machen, wenn du selbst etwas thust und mir die Wege
nachweisest, auf denen ich meine endliche Anstellung finden
kann. Jetzt bin ich das wahre fünfte Rad am Wagen
und unsere Kirchenkassen sind jetzt wircklich
außer Stand etwas für mich zu thun. Friedrich Carl Gottlieb Duisburg: „Geschichte der Belagerung Danzigs von der frühesten bis auf
gegenwärtige Zeit“ (1808); ders.: „Gemälde von Danzig, nebst Bemerkungen auf einer Reise von Danzig
nach Königsberg : eine nothwendige Beilage zu der Skizze von
Danzig“ (1809) und ders.: „Versuch einer historisch-topographischen Beschreibung der freien
Stadt Dantzig“ (1809); mit dem vierten Werk ist vielleicht
folgender Band gemeint: „Danzig eine Skizze in Briefen, geschrieben vor, während und nach
der Belagerung im Jahr 1807“ (1807), möglicherweise jedoch
auch ein anonym erschienenes Werk, den weiter unten im Brief stehenden
Andeutungen nach.
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Auch habe ich mein Tagewerk für
Dantzig vollendet.
Ich habe eine Geschichte der Belagerungen geliefert;
ich habe Gemälde von Dantzig geschrieben;
und meine Topographie von Dantzig wird in
Vierzehn Tagen aus der Preße seyn. Was will Dantzig
mehr von mir? – Ein viertes Werkchen sollst Du erst kennenlernen, wenn
wir uns vielleicht einmal mündlich sprechen.
Du könntest mir wohl ein Exemplar deiner Friedrich Schleiermacher: „Predigten. Zweite
Sammlung“ (1809)
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Predigten
verehren;
am liebsten wäre mirs wenn du mir ein Geschenk mit
deinen sämmtlichen theologischen Wercken und dem
Plato
machtest; auf dem Wege,
auf welchem du diesen Brief erhältst und
auf dem ich mir auch deine Antwort zurük erbitte, könntest
Du mir das Alles sehr bequem übermachen. Und damit du
siehst, wie ich mich zu schützen verstehe, bei der nächsten
Gelegenheit,
daß
Troschel etwas nach
Berlin absendet,
sollst du dagegen einen
completen Satz aller meiner Werke erhalten, da
wirst du denn auch das eine böse Kind kennen lernen,
zu dem ich mich nicht als Vater bekennen darf, so sehr man
es auch achtet und liebt.
Die
Meinigen sind alle wohl und gesund.
Caroline (Karline, Linchen) Friederika
und
Henriette (Jettchen) Amalie Adelgunde
Duisburg
[Schließen]Meine ältesten Mädchen sind bereits mannbar und zur Ausstellung
fertig.
Meine beiden Eltern leben
noch, aber das Alter drückt sie sehr.
Es handelt sich wahrscheinlich um den Arzt
Christian Georg Ludwig Duisburg, Schleiermacher notiert in seinem
Tageskalender während seiner Königsberger Reise am 6 .9.1808 „Morgens
Duisburg bei mir“.
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Meinen Bruder, den
Engländer, hast du in Königsberg gesprochen.
Der Artzt sammlet Gold und Gemälde. Ich – schreibe und
mache Grillen und bin wieder ausgelaßen lustig. Wie es
Gott giebt. Die
wohl die Schwägerin von Duisburg: Sara
(Sarchen) Agatha Bestvater
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Sarchen
, die eben an meinen Schreibtisch tritt läßt dich
grüßen. Nun, Freund, sei nicht faul und zeige dich als der treue Freund
deines treuen Freundes
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