Dem / Herrn Professor Schleiermacher / Berlin [Autorfußnote Bl. 1v]

Poseritz den 29sten Dcb 1808

Gewiß, theurer Freund, ist es nicht Mangel an inniger Theilnahme, wenn ich Ihnen bisher noch nichts über Ihre Verbindung mit unserm lieben  Henriette von Willich  [Schließen] Jettchen gesagt habe. Ich weiß Sie werden miteinander glücklich sein und freue mich im voraus Ihres Glücks, auch für die guten  die Kinder der Henriette von Willich  [Schließen] Kinder unsers Freundes ist es so besser, sie bedürfen eines väterlichen Führers, alle Umgebungen für sie sind von der Art, daß ihre verschiedenen Kräfte, die schon so schön keimen, vortheilhaft ausgebildet werden können. Und dennoch, theurer Freund, sehe ich mit sehr gemischten Empfindungen der Zeit entgegen, da Mutter und Kinder mein Haus verlassen werden, es geht dann alles von uns, was mir von  der 1807 verstorbene Freund Schleiermachers Ehrenfried von Willich  [Schließen]unserm Verstorbenen noch blieb, diese Empfindung kann ich mir selbst nicht bergen, und sie wird noch lebhafter bei meiner guten   Sophie Schlichtkrull  [Schließen] Sophie sein, ich sehe es vorher, wie wir beide uns allein fühlen werden. Doch es muß überwunden werden, und, wenn auch eine Thräne sich dazwischen drängt, mit Liebe wollen wir Ihnen die übergeben, die unserm Herzen so nahe sind, und immer ble Textverlust durch Siegel [Schließen] [iben] werden.

 Die Vormünder der Kinder waren Adolf Schlichtkrull und Karl von Kathen . [Schließen]Als Vormünder haben wir bei Ihrer Verbindung wenig zu sagen. Das Vermögen gehört Jettchen und so hat unsre Vormundschaft mit Ihrer Hochzeit ihr Ende, und es bedarf weiter keiner Formalität, als die Anzeige an das Consistorium | 1v die uns dann unserer Vormundschaft mit einem überflüssigen Belobigungsschreiben, der Sporteln wegen entbindet. Alles dies soll zu seiner Zeit gehörig besorgt werden. Die lieben Kinder zeigen schon was sie werden können, und unter Ihrer väterlichen Leitung gewiß werden müssen. Bei dem  Henriette Pauline Marianne von Willich [Schließen] Mädchen ist Herzlichkeit mit Heftigkeit hervorspringend, dabei unterscheidet sie sehr richtig. Der  Ehrenfried von Willich (d. J.) [Schließen] Junge ist gesund und stark, Schwermuth wird ihn nie plagen, seine Heftigkeit geht schnell in Heiterkeit über, er fängt jetzt an zu sprechen, und versteht durchaus alles, ist dabei schnell wie ein Vogel. Ach solche Kinder geben viel Freude! Nun, geliebter Bruder, leben Sie wohl, der Gatte unsrer Jette , der Vater der Kinder unsers Ehrenfried wird unserm Herzen immer nahe sein.

Ihr Freund und Bruder

Schlichtkrull

Zitierhinweis

3018: Von Adolf Schlichtkrull. Poseritz, Donnerstag, 29. 12. 1808, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006847 (Stand: 26.7.2022)

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