Poseriz d 19t. Abends.
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Süßer Ernst und Du hast mir kein Wort gesagt von dem was ich doch
so innig mit fühlte, so schwesterlich theile –
Henriette Herz und Alexander von
Dohna-Schlobitten
[Schließen]von der Freude unserer Jette
– daß sie ihren Alexander nun wieder nahe haben wird – Ich sahe sie gestern ich las in ihrer Seele – ihre
innere Bewegung. Freilich wußte ich nicht ganz um sie weil
mir ihr Verhältniß nicht ganz klar ist und ich
wollte sie nie darum fragen und auch Dich nicht sondern
ruhig erwarten bis ihr so gegen mich zu Muthe sein würde um
mir Aufschluß zu geben weshalb sie nicht ganz glücklich ist
– aber ich wußte doch daß sie ihn liebt – – unsere theure
liebe Jette wie
mag ihr recht im innersten sein.
Vgl. Brief
.
[Schließen]Sie wird Dir wohl schon selbst gesagt haben daß
sie sich gar nichts aus dem Gerede über ihr Wohnen
macht. Ich hatte erst einen rechten Schreck als Du
mir davon schriebst, ich fürchtete es möchte sie sehr verstimmen. Wie
es aber so unter die Leute gekommen ist doch nicht
zu begreifen.
Vgl. Brief
.
[Schließen]
Auch ist es ihr nun ganz recht daß aus dem
Thiergarten nichts
werden kann nun Alexander
dort ist,
ich hatte noch gar
nicht ordentlich daran
geglaubt also
darfst du nicht fürchten daß Du mir mit dem Abschlag eine
Hoffnung zerstöhrst.
Vgl. Brief
.
[Schließen]Wie wolltest Du doch schlecht sein im schreiben Du hast mir ja wieder
einen so langen lieben Brief gesandt! | 91v
Vgl. Brief
.
[Schließen]Sei ganz ruhig liebes Väterchen daß ich nichts in
Rüksicht auf die Wirthschaft vermissen werde. In das Interesse was hier wohl statt
haben kann war ich noch gar nicht eingelebt.
Vgl. Brief
.
[Schließen]Wie mir zu Muthe sein wird wenn ich etwas vergessen habe und
Du lachst dann so über die Maassen, daß weiß ich
noch gar nicht – aber das weiß ich gewiß daß ich
nicht empfindlich sein kann – allein bis zu
Thränen ärgerlich über mich selbst das
ist wohl möglich. So ist es nun aber nicht mit mir
daß täglich etwas vorkommen sollte um eine ordentliche
fest bestehende Buschelei im Hause anzurichten –
Hoffentlich wirst Du doch nur so alle 8 Tage zum
Genuß des Lachens kommen. Gott nein empfindlich
kann ich nie gegen Dich werden ich habe Dich gar zu lieb!
Vgl. Brief
.
[Schließen]Ja wohl muß es ein köstlicher Genus sein so wie Du zu lehren
und
selber zu gewinnen. Ernst ich werde das
unaussprechlich immer mit Dir theilen und von allem
Großen und Herrlichen was sich in Dir entfaltet
und aus Dir hervorgeht wird auch immer
ein Theil auf mich hernieder kommen. Süßer Ernst
mit welcher Zärtlichkeit wird Dein Weib Dich
empfangen wenn Du zurückkehrst – wie werden unsere Kleinen sich an
Dich hängen.
Gott gebe daß ich dann immer
in Deinen Augen lesen möge daß Dir wohl ist bei Weib und
Kindern! und wie sollte ich nicht? | 92
Herzensmann laß mich Dir noch etwas gestehen:
Vgl. Brief
.
[Schließen]
In deinem lezten
Briefe steht an einer Stelle „wir wollten auch
künftig die Delikatesse nicht unter uns verbannen
aber ihr ein anderes Departement anweisen[“]. In der Folge wie es da steht
wirkte es ganz eigen auf mich, es klang mir ein bischen als
Ermahnung – es war mir als sei es möglich daß Du
könntest dunkel in Dir gezweifelt haben ob es nicht
gut sei mir so einen Winck zu geben – ob ich auch
in mir habe das zarte Gefühl – oder ob ich vielleicht glaube in einem
so innigen Verhältniß dürfe von ihr nicht mehr die
Rede sein – kurz du verstehst mich. Ich redete es
mir gleich aus aber konnte doch nicht
wehren daß nicht neben dem freudigen
Eindruck den dein sonst so lieber Brief machte, ein
trüber meine Seele beherrschte. Und eben weil es nicht
augenblicklich überging so däuchte mir
ich durfte Dir nicht ganz davon schweigen.
Ich denke gar viel an Weinachtsabend und freue mich recht sehr
darauf – die süßen Kinder wie werden sie staunen und hernach schwelgen.
Wir Großen ahndet mir
beschenken uns auch etwas aber leider sind einem
die Hände so gebunden – ach und der Witz geht mir ganz und gar
aus.
Luise von Willich
[Schließen]
Louise
ist die ganze Woche in Götemitz um der Kathen zu helfen
–
Ach süßer Ernst wärest Du mit uns, daß wir wohl nie einen Weinachten | 92v
auf Rügen
feiern werden geht mir recht nahe. O denke auch den Abend recht
innig meiner!
Ach Ernst wie kommen mir die Worte immer ärmer vor weil sie mir gar nicht mehr hin reichen wollen Dir auszusprechen wie ich Dir gut bin.
Ich soll Dir viel freundliches von Tante Willich sagen, sie ist immer voll Rührung und Verehrung wenn sie von Dir spricht.
In Stralsund bei den
Freundinnen war mir grade wie ich es vorher gefühlt – nicht wie bei unsern rügenischen
Lieben, sie waren sonst sehr freundlich und
herzlich. Aber ich sehnte
mich wieder hinaus. Friederike Israel
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Friederikens
ungeheure Eitelkeit stöhrt mich immer viel weniger wenn ich
von ihr entfernt und durch schriftliche Mittheilungen mit
ihr lebe als wenn ich sie sehe in ihrer ganzen Umgebung
und wircklich ihrer eignen Darstellung. Es ist
recht schade sie hat sonst so etwas zartes Liebevolles aber es ist
nicht möglich nicht durch die Eitelkeit gestöhrt zu werden,
und nicht die Unnatur in manchem zu
erblicken.
Sophie Schlichtkrull und Luise von Willich
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Sophie
und
Louise grüßen Dich herzlich. Mit Ersterer sprach ich viel heute Abend über Louise und
sie sagte sie wisse es bestimmt aus Äußerungen von ihr
selbst daß sie sich nie entschließen würde ihre Geschwister
zu verlaßen.
Sophie hat sehr
mit sich zu kämpfen | 93 im
Zusammenleben mit Louise, es ist für
sie doppelt schwer da sie heftiger Natur ist. Dabei ist sie
strenger und immer auf den Grund gehend, deshalb tolerirt
sie manches nicht in Louise, was wir
Andern als die wohl anerkannte Schwäche
hinnehmen und uns daran zu gewöhnen suchen. Ich komm immer wieder auf die
arme Louise zurück weil sie mir wahrlich so am
Herzen liegt und ich das tiefste Mitleiden mit ihr
empfinde. Schreibe ihr nur bald einmahl – Sie scheint doch jezt zu meiner großen Ruhe über
die Trennung von den Kindern gekommen zu sein.
Der Ehrenfried von Willich (d. J.)
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Friedle
hat mich in diesen Tagen zum erstenmahl mit dem Worte
Mutter erquickt er konnte sonst nur Mama sagen – Vater sagt
er auch.
Jette ist jezt auf recht gutem Zuge. Ich wollte Beide diesen
Winter recht regelmäßig baden aber der Wohl
Moritz von Willich
[Schließen]Leibarzt
hat es mir nachdrücklich
untersagt, nicht vor Sommer soll ich es thun. Ich wasche nun täglich mit kaltem
Waßer, nur seit es ungeheuer kalt ist daß die kleinen Wesen
immer blau sind habe ich es ausgesezt, auch weil sie
erschrecklichen Schnupfen haben.
Von der fürchterlichen Kälte hat Dir große Jette | 93v gewiß geschrieben, aber von der unerträglichen Wirthschaft mit dem Torf in den Windöfen davon hast Du gewiß keine Idee. Louise und ich stöhnen nicht wenig gegen ein ander auf, der scheußliche Schmutz den es bringt ist ganz gräßlich.
Vgl. Brief
.
[Schließen]Für das Recept danke ich Dir sehr – und auf mein Stambuch freue ich
mich außerordentlich.
Mein Herzens lieber Ernst leb wohl und wisse alle Liebkosungen und alles was ich Dir trautes und herzliches sagen möchte.
Deine Jette.
Charlotte Schleiermacher, vgl. Brief
.
[Schließen]
Hier ein Brief an
unsere gute Schwester. Lieber Ernst ich weiß nicht ob
Lotte von jener Sache weiß daher schicke ich mehrere
Briefe sende ihr welchen Du willst.
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