Sonntag d 20t. Nov. 8
An Jettchen No 23.
Unmöglich kann ich doch Vgl. Brief
2932.
[Schließen]den Brief an Jette abschikken ohne Dich mein süßes Herz wenigstens mit
ein Paar Worten zu grüßen. Denn in
Poseriz mußt du doch nun wieder
sein.
Aber höre Töchterchen vergißt Du auch deinen alten
Vater nicht über der
wohl Philippine Schwarz, geb. Hahne
[Schließen]
Wittowschen
Freundin
? Denke
Morgen sind es vierzehn Tage seit ich nichts von Dir gehört
habe. Nun nun glaube nur ja nicht daß ich im Ernst schelten
wollte, oder gar daß ich irgend besorgt wäre. Ich nehme das
meiste auf die fatalen Posten, und dann kann ich mir auch
recht gut denken wie du beim besten Willen doch nicht viel
zum Schreiben kommst auf Wittow.
Unbequem ist es aber doch
eine Braut auf Rügen
zu haben! und im
Winter kann es noch weit ärger werden wenn erst die Passage
zwischen euch und dem festen Lande gehemmt ist.
Dann kann es mich doch
bisweilen recht verdrießen daß ich nicht etwa ein Bild oder
einen Schattenriß von Dir habe – wiewol ich gar nicht
einmal wissen würde ob der lezte recht ähnlich wäre denn ich habe
Dich nie eben viel von der Seite angesehn und könnte mir
auch alles nicht viel helfen ohne Dein Auge. Wie haben wir
seligen Menschen doch gar nicht daran gedacht daß uns so
etwas lieb sein würde! Oder hast Du gar nichts
dergleichen?
Schleiermacher spielt auf seine Königsberger
Reise Ende August bis Ende September 1808 an.
[Schließen]Uebrigens sehe ich unsere Verbindung jezt bald an
allen Straßenekken angeschlagen, denn hier ist sie über Königsberg an ein Paar Frauen
gekommen von denen
ich nicht weiß wie verschwiegen sie sind
und in Anklam hat es
Lotte
Schwarz an
Herr und Frau
Stavenhagen
[Schließen]Gassens Schwiegereltern
erzählt.
Da ist nun gewiß kein Halten mehr. Es schadet durchaus gar
nichts aber ich gefiel mir sehr in dieser Stille und halben
Heimlichkeit. Es war mir ordentlich bedeutend daß die Leute
nichts von dem wußten was sie doch in ihrem Leben nicht | 52v verstehen können. Nein die rechte Liebe
und das rechte Leben verstehn sie leider gar nicht, und wer
weiß ob sie nicht in ihrer Unwissenheit noch sagen werden,
wir wären doch nicht recht glüklich miteinander. Und
besonders werden wir ihnen gar nicht zärtlich vorkommen
denn das wollen wir doch immer recht ins geheim sein daß es
nur die Leute im Dorfe sehn aber sonst niemand.
Vgl. Brief
2875,
146 – 150. Henriette Herz war seit Ostern 1808 bei Henriette
von Willichs Schwester Charlotte von Kathen als Erzieherin
angestellt.
[Schließen]Wie vollkommen oder unvollkommen das Verhältnis zwischen Lotte
und Jette
war
über den ursprünglichen Text geschriebenist
habe ich schon in Götemiz ganz genau gesehen und gebe Dir
in allem ganz Recht was du darüber sagst.
Die Sache ist aber die
daß ihre Naturen nicht recht ineinander greifen. Aber doch
hat Jette
Vgl. Brief
*2922.
[Schließen](die mir auch eben darüber geschrieben
hat) Recht zu sagen wenn sie auch alles so gewußt hätte
wäre sie doch nach Götemiz
gegangen.
Sie würden auch
genauer in einander greifen wenn sie sich erst recht lange
in
über den ursprünglichen Text geschriebenan
einander gewöhnt hätten, nun aber bleiben sie dazu nicht
lange genug beisammen.
Lottens
g
über den ursprünglichen Text geschriebenrechtes
inneres Wesen taucht oft ganz unter und verbirgt sich in
Stille und Unthätigkeit und die Augenblikke wo sie sich
recht mittheilt sind für Jette zu selten. Eben so
verbirgt sich nicht selten Jettens ineres Wesen für Lotten hinter ihre
leichte Munterkeit hinter ihr freies Verkehr mit allen
Menschen denn dies ist was Lotte am wenigsten recht versteht. Indeß
dies muß man gehen lassen es ist doch für beide sehr gut und schön
daß sie so zusammen sind. Daß Lotte es für ihr ganzes Leben
nicht ganz so nuzt kommt daher weil sie eine gewisse Scheu
hat zu handeln in ihrem Hause anders als im ganz
gewöhnlichen Gang um nicht anzustoßen damit
und zwar auf eine solche Art daß sie Jette mit hinein verwikkelt.
Vgl. Brief
2932,
27 – 30.
[Schließen]
Jette
wird Dir sagen daß ich ihr sehr zugeredet habe
recht zu überlegen ob sie nicht lieber noch vor
Winter hieher zurük kommen sollte; allein das meine ich rein um ihrer
Gesundheit willen, nicht liegt irgend eine veränderte oder
falsch aufgefaßte Vorstellung von ihrem Verhältnis zu Lotte dabei
zum Grunde, auch kein Eigennuz, und in diesem Sinne
überlege Du es auch doch auch mit und zieht Lotte selbst mit in
den Rath.
Da ist nun mein Blättchen zu Ende und meine Zeit auch. Aber wenn
ich auch drei Bogen schriebe, satt stände ich doch nicht
auf. Nun möchte ich mich noch hinsezen zu Dir und rechte
Zärtlichkeiten treiben aber ganz stille stille damit der
kleine Schelm
Henriette Pauline Marianne von Willich
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Henriette
es nicht sieht und nachmachte. Vgl. Brief
2901,
103 – 106.
[Schließen]Aber sage mir doch wie lange läßt Du sie noch den langen
unausstehlichen Namen Schleiermacher sagen? willst
Du sie noch nichts vom Väterchen lehren? Bist Du
noch eifersüchtig auf deinen Titel als Töchterchen
und willst ihn ihr nicht abtreten?
Herze mir nur die süßen
Kinder der Henriette von Willich aus erster Ehe
[Schließen]
Kinder
recht inbrünstig Vgl. Brief
2901,
61 – 63 und Brief
2875,
33 – 38.
[Schließen]und sage Jettchen dem kleinsten, wenn sie lehren
wolle müsse sie sich auch recht der Deutlichkeit im
Vortragen befleißigen
und Friede soll
ja wenn er aufmerksam gewesen ist dann gehörigen Lärm
vorführen und es sich tüchtig schmekken
lassen.
Grüße mir Sophie
aufs herzlichste und ob ich denn nie ein
Wörtchen von ihr hörte.
am linken Rand Bl. 52
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Hast Du etwa von Philipp Wilhelm und Ena Wolf
[Schließen]Wolfs Antwort bekommen? ich nicht.
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