Poseriz d 18 novber

Muß ich mich bei Ihnen lieber Bruder Entschuldigen?  Vgl. Brief *2890. [Schließen]Könte ich es verschoben, versäumt haben etwas auf Ihre liebreichen Zeilen zu erwiedern. Das währe nicht möglich! frei und offen sage ich Ihnen den wahren und einzigen Grund. und so haben Sie Nachsicht. gleich nach Empfang Ihres Briefes, und öfter nachher, ergriff ich die Feder Ihnen zu danken. aber meine unnennbahre Wehmuth. konte ich nicht überwinden und so wollte ich nicht schreiben – wollte mit Ruhe und Heiterkeit bei Ihnen seyn. Aber warum wollte ich das. Ich darf ja keines meiner Gefühle Ihnen verbergen Sie wissen auch doch darum, wenn ich es auch nicht ausspreche. ach Sie wusten es auch an jenem Tage, den wir in Götemitz feierten. und so darf ich es Ihnen nicht verhelen,  korr. v. Hg. aus: dasdaß ich mehr in der Vergangenheit als in der Gegenwart lebte. ja die schöne Vergangenheit wo ich immer alles hauptsächlich darauf berechnete. Es mit meinem Ehrenfried und den Seinen zu geniessen. Wie ich gleich bei der ersten Blüthenknospe, in meinem Garten schon Seiner gedachte. Hirüber soll auch Er sich freuen. Ich wuste wie auch Er die Reisen nach Poseriz froh berechnete. Wie wenn | 3v Sie von der Thüre führen. Er Sein Kleines Mädchen mir auf den Arm gab. mit einem Blick, den ich nur allein gesehen und verstanden habe – dies alles Endete!! noch Sein Ausruf. einige Stunden vor Seinem Tode. meine liebe Sophie! meine kleine Jette! Kettet mich unbeschreiblich an dem Kinde – Es ist als gebe mir dies einiges Recht auf den süssen Mutternahmen den Sie mir so liebreich zutheilen.

Die Zukunft giebt mir Ruhe und Trost. in der Gewißheit die  Kinder der Henriette und des Ehrenfried von Willich [Schließen] Kinder werden in Seinen Geist geleitet. muß ich auch für mein Leben vieles entbehren durch die Trennung von diesen Lieben. so werden Sie doch glücklich, die Wittwe unsres Ehrenfrieds Sie ist es ja schon – so will ich gerne dies Opfer bringen, und Ihnen danken theurer Man. Gottes Segen über Sie!!    Vgl. Brief *2890. [Schließen] Wie mein Schlichtkrull die Mittheilung aufgenommen? lieber Bruder so müsten Sie nicht fragen. Es ist nur eine Stimme – voll Achtung und Liebe schickt Er Ihnen einen brüderlichen Gruß. der Frühling wird Ihnen also vermuthlich zu uns führen? möge es immer noch ein bischen länger dauern, wenn durch die Zeitumstände. | 4 das gute Auskommen, für eine schon ziemlich grosse Familie. noch nicht vest gegründet währe: wie komme ich aber da schon wieder mit meiner Sorge. ach tragen Sie doch meine Schwäche!

Noch immer ist unsre  Henriette von Willich [Schließen] Jette nicht von Sagard zurück, aber nun bald. Ihre Briefe habe ich immer treulich nachgeschickt. Ich hofe sie wird alle erhalten haben. Wir verlangen jezt sehr nach Ihr und der Kinder ankunft. Leztre sind gesund und frisch des Knaben Kränklichkeit rührte nur von den Zähnen her.und nun wollen wir so weit unsre aufmerksamkeit wirken kan sie gesund, auch zu Ihrer Freude erhalten –

Ich wollte dies der Herz zur Einlage geben. da ists aber so lange geworden  korr. v. Hg. aus: dasdaß die lieben Verreisten drüber zurückgekommen. mag nun Jette ihr Pak noch grösser werden – wie der Knabe sich in den 6 Wochen verändert hat! das sprechen wird ihm nun recht Ernst. hawia hat er meinen Nahmen auch gelernt. Ich war Ihm fremd geworden. Sie das ist deine Hawia sagte die Mutter. und so schmiegte das Kind sich an mich – Weil Ihr immer von mir gesagt | 4v war. Ja so muß es bleiben. lieber Bruder die Kinder müssen mir immer wieder erkennen, wenn sie mich auch nicht sehn – das liegt freilich sehr fern. Wenn sie einmahl weg sind – aber doch muß   Sophie Schlichtkrull  [Schließen] Schlichtkrull schon mit mir von dieser Reise sprechen. Wenn die Franzosen über den Rhein sind, will er mir Hoffnung geben.  Herzlichen Gruß von  Luise von Willich [Schließen] Louisen . Sie wird künftig bei uns wohnen.  lies: Ihrer [Schließen]Ihre  Anne (Nanny) Schleiermacher [Schließen] Schwester mein freundlicher Gruß(?)

Sophie.

Zitierhinweis

2929: Von Sophie Schlichtkrull. Poseritz, Freitag, 18.11. bis um den 25. 11. 1808, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006758 (Stand: 26.7.2022)

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