Sagard den 1t Novemb. 8.
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Vgl. Brief *2881 an Charlotte Cummerow und Brief 2882 an Henriette von Willich.
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Ich ward gestern recht überrascht durch deinen Brief den Du der Cummerow zugeschickt hattest. Ich hatte freilich sicher auf einen gehofft nun kam nur einer von der Cummerow den ich im ersten Unmuth gar nicht estimirte und unerbrochen noch eine Weile liegen ließ. Plötzlich fiel mir ein daß er wohl was von Dir enthalten könne – und wie groß war meine Freude!
Du sagst mir aber kein Wort von deiner Reise, kein Wort von Steffens – Du lieber süßer Mann jedes Wort von dir ist mir so köstlich und so lieb aber ich kann doch nicht umhin daß es mir nicht nahe geht daß du dir nicht die Zeit nehmen kannst mir auch ordentlich zu antworten da du mir immer verkündigst du habest noch viel zurückbehalten. Lieber Einziger vergönne mir alles was du mir zu geben hast du machst mir gar gar zu viel Freude durch Deine Mittheilung. Uebrigens erkenne ich es so sehr daß du mir so oft schreibst und daß unsere Verabredung darüber ganz unnöthig war –
Mein Herzens-liebes Väterchen könnte ich Dir doch hinsenden all die
süßen Schmeichelworte die mir auf den Lippen schweben die
Blicke die Küsse die tief ins Herz dringen. – Vgl. Brief
2882,
88 – 90.
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Ja wohl war ich in der
Brunnenau
und auch an dem bedeutenden Flecke,
allein auf
Stubbenkammer war ich nicht.
Wir haben hier immerfort köstliches Wetter. Mir ist hier recht wohl
bei | 48v den lieben Meinigen die
alle auch Dich von Herzen lieben. Ganz besonders erfreuend
ist mir hier auch die Zuneigung der Kinder;
sie hängen sich so an mich wohl Amalie und Johanne Marianne
Friederike von Willich
[Schließen]die kleinen Mädchen ohne daß ich je das geringste gethan habe sie an
mich zu ziehen, im Gegentheil weil ich so viel hier
hatte habe ich sie immer sehr vernachläßigt. –
Habe ich dir wohl gesagt
daß ich am vorlezten Sontage Familie des Heinrich Christoph Willich und seine
Schwestern Luise und Marianne
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und den Schwestern communicirt habe?
o Ernst welch ein heiliger Tag war uns das immer, mit stiller
Bewegung habe ich ihn immer an der verstorbene Ehrenfried von Willich
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Ehrenfrieds
Seite gefeiert, mit ihm fing immer eine schönere
Periode unsers Zusammenlebens an. Mein Ernst welch ein
seeliger Gedanke künftig an deiner Hand mich dem
Heiligthume zu nahen – o wie werde ich dann
inniger noch fühlen alles was diese Stunde entzückendes und
bewegendes hat. Wie lieb war es mir nun auch mit Ehrenfrieds Geschwistern
die heilige Handlung zu begehen.
Lieber Ernst ich habe
immer die Ahndung daß unsere theure Jette sich
auch hierin unserm Bunde noch einmahl anschließt auch
äußerlich.
–
Willich
ist seit 8 Tagen in Stralsund in Geschäfften, wir erwarten ihn
täglich, schiebe doch nicht auf an ihn zu schreiben.
Hier trägt mir alles die herzlichsten Grüße auf,
besonders Luise von Willich
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Louise
. Wie es mir doch eigen mit
Louisen geht korr. v. Hg. aus: daßdas
kannst Du gar so nicht wissen, wir sind recht gut
mitein | 49ander wie Du
denken kannst, aber immerfort muß ich die gröste Vorsicht
anwenden daß es so bleibst; wir weichen gar zu sehr ab um
zusammen zu leben; es ist recht abscheulich ich weiß es
sehr gut, aber wie mich eine Lappalie
[Schließen]Lapperei stören kann, ich kann es dir nicht sagen, dabei habe
ich sie wirklich doch lieb und fühle besonders
eine so innige Theilnahme und Unruhe um sie, habe oft ein
so inniges Verlangen ihr etwas zu gute zu thun und
fühle schon im Voraus die Reue die ich haben werde wenn ich
es nicht mehr kann, daß ich es verabsäumt habe. Aber ich
kann doch gar nicht zu was rechtem kommen. Es thut mir so
erschrecklich wehe daß ich nicht aus dem Herzen wünschen kann daß sie mit uns lebe, da sie sich
so recht mit den Sinnen an mich anschloß als ich verwaiset
war, ihr Leben mir und den Kindern zu weihen. Wie traurig wird ihr Leben in
Poseritz
sein,
und dabei ihr ewiges trübesein und Sophie Schlichtkrull
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Sophiens
Kränklichkeit ich mag es mir gar nicht
vorstellen. Ich fange so
oft an mit ihr davon zu reden wie sie recht viel bei uns
sein müße, aber sie nimmt das gar nicht recht auf. Ich
wollte sie könnte mir etwas abgeben von ihrer Weichheit und ich ihr
von meiner Ruhe und meiner Stärke fürs Leben.
Mit Henrietten ist sie jezt weniger weichlich
als sonst auch gewinnt der Knabe jezt besonders ihre Liebe | 49v und dem schadet es nicht. Höre der Junge ist jezt sehr lieb
ich freue mich darauf wie er sich auch dir ins Herz stehlen
soll. Er fängt auch
mit Macht an zu sprechen. Jette
unterrichtet ihn oft und er versteht sie immer am besten
wenn sie auch noch so kauderwelsch lies: spricht. Wie
[Schließen]spricht.
Wie ich mich oft nach deiner Hülfe bei dem Mädchen sehne
kann ich Dir nicht
sagen. Hier findet man doch zu meiner Freude daß sie jezt
viel lenksamer ist als wie wir zusammen hier waren.
Vgl. Brief
2882,
42 – 72.
[Schließen]Ich danke dir mein süßer Mann daß du mir so ausführlich von Eleonore Christiane Grunow,
Schleiermachers große Liebe vor der Verbindung mit Henriette von
Willich
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Eleonoren
schreibst, nein das dachte ich nicht daß du dich gar glücklicher
noch jezt fühlen könntest, o Gott mein Ernst es ist
zu viel das muß ich immer wieder ausrufen. –
Von unseren Gemeint ist die Familie der Charlotte (Lotte) von
Kathen und Henriette (Jette) Herz, die dort als Erzieherin angestellt
war.
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Götemitzern
weiß ich lange nichts, ich sehne mich Jette und
Lotte
wiederzusehen, Vgl. Brief
2875,
146 – 150.
[Schließen]was ich neulich berührte über Lotte
hast du gewiß recht verstanden, ich meinte nichts
zwischen
Lotte
und
Jette, sondern
Lottes
ganzes Wesen, das geknikte darin durch ein langes ödes
Leben, die Gewöhnung an das
Unharmonische und das Unschöne schmerzt mich,
und mit Bedauern nehme ich wahr daß sie nicht mehr mit
Empfänglichkeit aufnimt was sich in ihren schönen
Verhältnissen ihr darbietet um ihre Umgebung harmonischer zu
bilden. Ich seh es voraus daß Jette durch vieles dort müße
sehr gestört werden, ich hoffte aber es würde durch sie
beßer werden, es thut mir sehr leid um Lotte und ihre Kinder daß, ausgenommen
was sie unmittelbar | 50
auf die Kinder wirckt, wohl nicht viel Einfluß dort hat.
Ich liebe Lotte
außerordentlich aber ich kann sie immer nur mit Wehmuth
betrachten.
Ende dieser Woche reisen wir nach Wittow
die Amalie Hane (Philippine Hane lebte damals in
Wiek)
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Hane
und
Marianne von Willich
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Marianne
mit uns.
Vielleicht bin ich ein paar Tage bei Hermann Baier
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Herrman
, er hat mich sehr herzlich gebeten, ich
möchte es gerne und doch bin ich auch etwas verlegen,
ich werde es darauf ankommen lassen wie die Umstände sich
fügen.
Auf Philippine Hahne
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Philippine
freue ich mich sehr!
Lotte Schwarz ist nach
Anclam
um dort ein Rendez-vous zu haben mit Hasselbach
. Möchte es entscheidend für sie sein! – Ernst du klagest so daß dir die
Bücher von Göethe fehlen, weiß Du daß ich den ganzen
Göethe habe
und gar doppelt, ich denke wohl Gelegenheit zu
finden das eine Exemplar zu verkaufen.
Vgl. Brief
2882,
36 – 41.
[Schließen]Daß Du mir das Lein besorgen willst ist mir sehr
lieb aber ich bin doch nicht ganz ruhig ob es dir
nicht beschwerlich sein wird bitte bitte besorge nur lies: recht
[Schließen]rech
bald.
Vgl. Brief
2852,
130 – 142. Textanmerkung: oder
lies: wahr
[Schließen]Süßer Ernst was ich einst vom Wohlleben sagte war wohl oder
lies: wahr
[Schließen]mehr, daß ich es mir ganz reitzend denke aber du
mußt doch ja nicht glauben daß es mein Glück auch
nur um das geringste vermindern könnte wenn wir es
auch nie haben sollten. Nur allein | 50v um deinetwillen sprach ich so
überverständig daß du weder zu viel
arbeiten noch sonst in Sorgen Dich setzen
dürftest.
Mein süßer theurer Ernst ich trinke aus Deinen
Lippen alle heilige Freude der Liebe – und spiele
mit deinen blonden Locken und
deine ganze herrliche Seele blickt mich an aus den lieben
Augen Deine Jette.
Auch die
Kinder der Henriette von Willich aus erster
Ehe
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Kinder
liebkosen Dich aufs zärtlichste.
Gestern umfaßte
Henriette Pauline Marianne von Willich
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Jette
mit beiden Armen meinen Hals und sagte: so lieb
hat Schleiermacher Dich.
Gehst Du auch zur Frau von Mühlenfels
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Großmutter
? ich fürchte die alte Frau wird schon recht stumpf,
es komt mir so vor aus ihren Briefen.
Die Charlotte von Willich, geb. Cronhelm
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Willich
bittet einliegenden Brief an ihren Herr von Cronhelm
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Bruder
zu besorgen.
Sage mir doch ein Wort von der bewußten Sache ob sie noch zu Stande komt oder nicht –
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