B Mittwoch d 19t. Oct. 8
14.
Vgl. Brief
2860 und Brief
2863.
[Schließen]Liebste Jette ich habe zwei herrliche Briefe von Dir seit meinem
lezten vor mir No 10 und 11 vom
7ten und 9ten October. Aber beantworten kann ich sie jezt nicht; eine
sichere Gelegenheit die mir aber auch nur gar wenig Zeit
läßt vergönnt mir nur ein Paar Worte. Liebste Jette Gestern
war es ein Vierteljahr daß Du mir das schöne süße Wort gabst
das uns nun beide so glüklich macht. Ihr Weiber pflegt nicht
nach dem Monatstage zu rechnen, und so ist Dir
der Tag vielleicht unbeachtet vorübergegangen;
es war aber der 18te Julius merke es dir nur. Ich war Dir ganz
vorzüglich nahe mein Leben. Ach ich bin es freilich immer
aber es war doch noch etwas besonders dabei, und ich hätte
auch so gern gerade gestern recht viel zu Dir geredet, aber
der Tag war so vielfältig besezt daß ich unmöglich dazu
kommen konnte. Immer war ich aber bei Dir mit ganzer Seele
und allen Sinnen. Wir aßen bei Reimers
, da wurde auch
„das Vierteljahr“ ausgebracht als Gesundheit; ich saß neben
einer gar lieben holden Frau, der ich so gern gesagt hätte,
was es war, aber es waren mehr Leute da und ich konnte
nicht mit ihr allein kommen. Ich sagte es nun so gern allen
Menschen die mich interessiren und wo sich eine gute
Gelegenheit macht thue ich es auch. Liebes Leben
denke Dir, ein Vierteljahr ist es her ich weiß nicht ich
möchte beides sagen die Zeit ist mir unendlich kurz
geworden und unendlich lang. Ich finde das auch ganz natürlich
denn das Leben ist ja gar kein zeitliches sondern ein
ewiges, wer kann ein Stundenmaaß daran legen? wie ist Dir
denn darüber? Wenn ich nun aber bedenke daß noch zwei
Vierteljahre so hingehn sollen so faßt mich doch eine ganz
unendliche Sehnsucht nach Deiner Gegenwart, und ich möchte
lieber heute als Morgen zu Dir eilen und dich holen. Aber
Du hast ganz recht so verständig darüber zu sprechen, und
es hat auch leider keine Noth daß sich eher eine
Möglichkeit | 34v finden sollte. Anne (Nanny) Schleiermacher
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Nanny
redet immer auch vom in Ordnung bringen und wird
schon das ihrige treulich thun daß ich die äußeren Dinge
nicht zu sehr venachläßige.
Aber es vergehen gewiß noch ein Paar Monate, ehe ich recht
übersehen kann woran ich bin, und ehe ich im Stande bin
wirklich Hand anzulegen. Gleich anfangs süße Jette werden
wir auch wol nicht in ein rechtes Wolleben wie es mir für
Dich genügen kann hineinkommen aber doch bald; und deshalb nicht
wahr wollen wir doch keine Stunde aufschieben?
Vgl. Brief
2860,
38 – 52.
[Schließen]Die Leinwand soll besorgt werden.
Mein
Karl Schleiermacher
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Bruder
hat freilich bisher die Zahlungen immer sehr
promt gewünscht; aber da ich es ihm nun vorher
sagen kann wird es gewiß gar keine Schwierigkeit
machen Kredit zu bekommen. In jedem Falle will ich
schon Rath schaffen ohne daß es mir irgend beschwerlich
fällt.
Vgl. Brief
2860,
79 – 91.
[Schließen]Liebste Jette mit Eleonore Christiane Grunow,
Schleiermachers Liebe vor der Verbindung mit Henriette von
Willich, Frau des August Christian Wilhelm Grunow, die
Schleiermacher vergeblich versuchte zur Scheidung von Grunow und
Heirat mit ihm zu bewegen.
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Eleonoren
ist es doch gar nicht so wie Du denkst. Das
kann mir gar nicht einfallen daß ich mit ihr auch
nur im mindesten so glüklich hätte sein können im
vollen Sinne des Worts wie mit Dir. Sieh nur erst war es fast gewiß daß sie immer
kinderlos geblieben wäre, und ich war ganz darauf gefaßt,
und wollte gleich damit anfangen die leere Stelle mit
fremden Kindern zu besezen, aber
an welchen
über der Zeilewie hätte wol
an fremden hätte
meine Seele je so hängen können wie sie an unsern hängt.
Dann hatten die meisten meiner Freunde etwas gegen
Eleonoren
und konnten sich nicht recht in sie
finden; sie sagten mir das nicht, aber ich wußte es doch.
Auch hat sie in ihrem äußern Wesen etwas unangenehmes und
unweibliches was in der Gesellschaft auch mich
selbst immer störte, und nur ich, wie ich ihre tiefe innere
Weiblichkeit kannte, hoffte durch das Zusammenleben mit mir
und Henriette Herz
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Jette
es zu überwinden. An
Dir mein süßes einziges Herz stört mich aber nichts und ich
kann Dir auch ohnerachtet aller Deiner Bitten gar nichts
sagen was mir fatal wäre, und wie sind alle unsere lies: Freunde
[Schließen]Freund glüklich über unsern Verein! Was aber das meiste ist liebes
Herz Eleonore hatte immer die | 35 kleinen Anfälle von dem bösen Gewissen
über unser Verhältniß welches zulezt die Oberhand behalten
hatte, und ich sah ganz klar daß ich mit diesen Anfällen
immer würde zu kämpfen haben und daß sie höchstens nur sehr
allmählich und gewiß nicht eher als bis auch Grunow
wieder in einer leidlichen Ehe gelebt hätte würde ganz zur
Ruhe gekommen sein. Kannst du
das nun wol ein Glük nennen was mit unserm zu vergleichen
ist? Meine Liebe zu ihr war überhaupt von ganz anderer Art
als meine Liebe zu Dir; ich kann dir das nur ein
andermal ordentlich auseinander sezen, nur
soviel, ich kann gar nicht sagen daß ich sie mehr mit den
Feuer der Jugend geliebt hätte, ich glaube auch nicht
einmal daß ich mehr Feuer und mehr Jugend hatte
und Nanny mag
wol Recht haben daß ich weder alt noch jung bin und
aussehe. Nein
einzige süße Braut ein größeres schönres heiligeres Glük
konnte mir gar nicht kommen, Du allein kontest es mir
bringen, Du bist der herrlichste Segen Gottes über mich,
und Deine Liebe ist die rechte einzige wahre.
Aber mein Gott korr. v. Hg. aus: istich
muß ja aufhören, und fange gar erst recht an Dir zu
liebkosen und von dem seligsten Genuß, dem unmittelbaren Anschaun
und Einströmen deiner Seele wieder in die Tiefe Deiner
Worte hineinzugehn mit denen Du das Schönste und
Heiligste so herrlich aussprichst. Aber ich muß mich ja
losreißen von den lieben Augen und den süßen Lippen und dem
entgegenschlagenden Herzen. Vgl. Brief
2868.
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Denn ich muß der
Cummerow schreiben an
welche die Gelegenheit geht, und von der ich eben
einen Brief habe der recht viele schöne Freude an
uns ausdrükt, gewisse
Leute würden freilich glaube ich allerlei dagegen
einwenden.
Vgl. Brief
2869.
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Aber
über den ursprünglichen Text geschriebenUnd
von der
Israel habe auch
ich einen Brief der ist mir nun erst gar lieb und macht mir
große Freude. Wie das liebe Weib an Dir hängt, das
habe ich gar nicht gewußt, und Du vielleicht auch
nicht. Liebe
überlegst du dir auch wol manchmal wie erstaunlich
reich wir auch sind an Liebe die uns von allen
Seiten entgegenkommt? es ist doch ganz
herrlich.
Aber mein Gott wo bist Du
nun nur eigentlich und wo werden diese Zeilen dich treffen? In
Sagard ?
Besuchst Du auch wol die Brunnenaue
und sezest Dich an den Flek wo Du dich mir
gegeben hast?
Und wenn so schöne Herbsttage sind wie hier so
siehst Du wol gar noch Stubbenkammer
?
Wo Du auch bist laß
mich immer mit Dir sein, recht innig. Grüße herzlich alles
was uns liebt.
An Willich will ich schon immer schreiben aber ich komme nicht
dazu.
Schreibe mir auch recht viel von Allen. Vgl. Brief
2863,
52 – 56.
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Den Brief an Wolf besorge ich das
versteht sich.
Adio mein süßes Herz, ich reiße mich mit Mühe los.
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