B. d. 10t. Octob. 8

No 13.

Liebe HerzensJette  Vgl. Brief 2852. [Schließen]da bekomme ich zum Glükk noch Deinen lieben süßen Brief zur guten Stunden denn ich fürchtete schon ich würde mich auf den Wagen sezen müssen ohne etwas von Dir erfahren zu haben und ohne über das Ankommen meiner Briefe beruhigt zu sein. Nun ist das herrlich, denn ich hoffe ohnerachtet Du nichts genaues von den angekomnen Briefen sagst daß Dir keine Nummer zwischen fehlt. Könntest Du mir aber nicht immer bemerken bis zu welcher Nummer Du sie bekommen hast? Nur thut es mir so leid daß ich Dir nur ein Paar magre Zeilen jezt schreiben kann; denn es giebt noch viel kleine Geschäfte abzumachen. Ich reise nemlich mit Reimer nach Dessau um dort ein Rendez-vous zu haben mit unserm Freunde Steffens, den ich dann auch mit der herrlichen Nachricht von Dir erfreuen will; ich habe es mir ausdrüklich für das lebendige Gespräch aufgespart und es eher nicht schreiben wollen. Wenigen Freunden habe ich es hier gesagt und allen die herzlichste Freude erregt. Ja liebe Jette schon im voraus ist unser gemeinsames Leben die Freude so vieler treflichen Menschen daß uns auch das die schönste Vorbedeutung und ein wahrer Vorgenuß sein muß.  Vgl. Brief 2844, 29 – 41. [Schließen]Alles was Du gethan hast um unsere Lieben mit der Nachricht davon zu erfreuen ist mir auch ganz recht, das mußt Du ja wissen. Ueberhaupt aber liebe Jette wie könnten wir es doch ertragen noch so lange getrennt zu leben, wenn wir nicht jeder die unbeschränkteste Vollmacht von dem Andern voraussezen. Glaube also nur ganz fest daß mir Alles recht ist was Du thust, so wie ich | 32v dasselbe mit der größten Zuversicht vorausseze. Wie könnte es auch anders sein? Auf das ganze Leben beziehe ich das, auf alles was ich unternehme, und ich sehe ja Du liebes Herz Du süße starke, daß ich auch bei dem größten und schwersten nicht unrecht gehabt habe Deine Billigung vorauszusezen. So thue Du es auch in Deinem ganzen Leben dort mit den  Kinder der Henriette von Willich aus erster Ehe [Schließen] Kindern und mit allen unsern Lieben. Wie bald nun auch diese Trennung kann beseitiget werden, darüber läßt sich freilich unter den gegenwärtigen Umständen nichts ganz gewisses sagen; aber nach aller menschlichen Wahrscheinlichkeit kann ich doch im ersten Frühjahr April oder May kommen. Ich möchte es gern so daß wir noch einige Wochen mit unseren Lieben auf Rügen zusammen wären dort in der Geburtsstätte unserer Liebe das Fest derselben recht lange und schön zu feiern, und dann in der lezten Hälfte des May hier anzukommen. Ich denke es muß dann so weit sein daß wir ohne daß ich mich mehr anstrenge als in der ganzen Weise und dem Beruf meines Lebens liegt das nöthige haben; immer besser und reichlicher kommt dann das Aeußere nach und nach. Wenn ich dir schrieb ich glaubte noch nicht gewiß an die  In der Kanonierstraße (Canonierstraße) stand das zukünftige Wohnhaus der Eheleute Schleiermacher, vgl. Brief 2823, 15 – 18.  [Schließen] Kanonierstraße so kam das daher weil es mir noch nicht ganz gewiß schien daß die Universität hier in Berlin zu Stande kommen würde. Und der wäre ich auf jeden Fall nachgezogen weil ich das lehrende Leben mit den jungen Leuten jezt noch nicht missen kann und je mehr das schöne Leben mit dir mich verjüngen wird es auch um desto länger fortsezen werde. Du wirst nur sehen daß Dir auch das recht sein wird. Eine schönere Gegend und eine Flußgegend, und in nicht größerer Entfernung von Rügen wäre uns auch dann gewiß gewesen. Doch habe ich jezt alle Ursache zu glauben, daß es bei Berlin bleiben wird.

 Vgl. Brief 2852, 151 – 154.  [Schließen] Was die gegenwärtigen Umstände betrift liebe Jette so hast Du gut nach mei | 33nem Geschäft fragen; ich habe gar kein bestimmtes. Ich bin nur Mitwisser Rathgeber Vereiniger und Vermittler bei den Geschäften der Andern, und werde wenn der Augenblik kommt ihre Feder sein und ihr Mund.

Liebste Jette ich muß leider plözlich abbrechen.  Vgl. Brief 2852, 72 f.. [Schließen] Ob Du mir noch so lieb bist nach Deinen Bekentnissen? O ich kann Dir gar nicht sagen wie mich Dein Brief gefreut hat, wie auch ich immer beruhigter werde über Alles und immer gewisser. Meine erste Zuneigung zu Dir war etwas ganz persönlich auf Dich gerichtetes, ich versenkte mich so tief ich konnte in  Ehrenfried von Willich [Schließen] Ehrenfrieds Liebe zu Dir, und grade so wie Du bist nahm ich Dich auf eine ganze eigne Weise in mein Herz auf, und mein Gefühl wurde alles was sie  über den ursprünglichen Text geschriebenes werden konnte. Und nun hat es sich ganz entwikkelt.  Vgl. Brief 2852, 118 – 122. [Schließen] O ja Jette auf Stubbenkamer wurde mir auch mein eignes Gefühl recht klar, und über manchen schönen Moment wollen wir noch viel schreiben und plaudern. Jezt lasse ich Dich um zur Reise fertig zu machen und den versammelten Freunden die um mich her plaudern Rede zu stehn. Wie umarme ich Dich einzige Jette! wie freue ich mich Deiner Liebe und jedes schönen Geständnisses derselben das mir immer wieder ein neues bräutliches Ja ist. Ewig Dein

Ernst.

Zitierhinweis

2866: An Henriette von Willich. Berlin, Montag, 10. 10. 1808, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006695 (Stand: 26.7.2022)

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