Berlin d 8t. Octob. 8.

 Es handelt sich um die Rezension von Schleiermachers „Über den sogenannten ersten Brief des Paulos an den Timotheos. Ein kritisches Sendschreiben.“ 1807 (KGA I/5, S. 153-242) durch Loeffler im „Magazin für Prediger“, vgl. Brief 2786, 2 – 9. [Schließen]Sehr verbunden bin ich Ihnen mein werthgeschäztester Freund für die Aufmerksamkeit welche Sie mir bewiesen haben; ich bin ein so schlechter Leser von Zeitschriften – zu meinem Glükk vielleicht, denn ich weiß nun gar wenig davon wie schlecht ich etwa behandelt werde – daß auch die mir so interessante Anzeige des verehrungswürdigen Löfflers von meinem kritischen Versuch mir wol noch lange nicht würde zu Gesicht gekommen sein. Danken Sie dem treflichen Manne in meinem Namen dafür daß er meiner Arbeit soviel Zeit gewidmet, und bezeugen Sie ihm wie sehr es mich freut daß ihm meine Gründe beherzigenswerth erschienen sind. Auch seine Aufmunterung zur Herausgabe des heiligen Paulus soll nicht verloren sein; ich habe mir wenigstens vorgenommen dazu vorzuarbeiten, ob ich aber je bis zu dem Gefühl kommen werde daß meine Kräfte dem Werke genügen, dafür will ich nicht einstehen. Vieles wird wol davon abhängen in wiefern meine Lage eine solche Arbeit begünstiget.   Vgl. Brief 2786, 23 – 27. [Schließen]Denn lieber Freund aufgegeben habe ich das akademische Leben keines weges, und wenn ich Prediger an der Dreifaltigkeitskirche geworden bin so ist das nur geschehen weil ich noch mit kindlichem Glauben auf die Universität hier in Berlin hoffe um dann neben dem Katheder auch eine Kanzel zu haben denn ich bin etwas unersättlich in diesem Punkt. Sollte dieser Entwurf | 162v nicht ausgeführt werden so würde ich jene Stelle nur als etwas interimistisches ansehn und froh sein sie bald wieder zu verlassen. Denn wenn ich gleich nicht weiß ob die Universitäten mich brauchen, so weiß ich desto bestimter daß ich sie brauche. Ich habe wenig auf Universitäten gelernt als Student aber ein ganz Theil in der gleichen Zeit ohngefähr als Professor, und damit möchte ich gern noch fortfahren. Das sind meine Wünsche lieber Freund und  Vgl. Brief 2786, 28 – 30. [Schließen]wer jetzt Nachrichten verlangt von alten Bekannten kann ja eigentlich nur ihre Wünsche zu hören verlangen denn man lebt ja nur in der Zukunft. Uebrigens habe ich mich tüchtig umhergetrieben diesen Sommer. Ich habe zwei Monate auf dem lieblichen Rügen zugebracht, und kaum war ich vierzehn Tage wieder hier so fand ich Gelegenheit zu einer Excursion nach Königsberg von der ich erst seit kurzem zurük bin.

Weil ich von dort aus jeden Posttag schrieb ich würde unmittelbar abreisen so hat Reimer mir Ihren lieben Brief nicht nachschikken können, und ich bitte daß Sie ihn wegen meiner verzögerten Antwort gänzlich exculpiren.  Sachanmerkung:

Ich ... zu Stande.] 
Vgl. Brief 2786, 10 – 22.

dem Magazin] „Magazin für Prediger
 [Schließen]
Ich besorge es würde nun ohnedies zu dem Kupferstich schon zu spät sein, und beruhige mich um so eher darüber daß ich nicht im Stande bin Ihren Wunsch zu erfüllen. Es hat sich noch niemand an mein schlechtes Gesicht gemacht um es zu malen als eine hiesige Dilettantin; außerdem giebt es noch eine Zeichnung von Marie Alberti . Gern hätte ich Ihnen beides oder wenigstens die leztere geschikt; allein meine Schwester, die sich provisorisch in solchen Dingen als meine Frau gerirt und also Siz und Stimme hat wollte es durchaus nicht zugeben weil beide ohnerachtet großer Aehnlichkeiten im Einzelnen doch eine ganz falsche | 163 Vorstellung von meinem Gesicht erregen müßten. Ich muß Sie also bitten Sich bis auf einen künftigen Band, deren ich dem Magazin “ noch viele zu erleben wünsche zu gedulden; vielleicht komt doch irgend einmal ein besseres Konterfei von mir zu Stande.

 Vgl. Brief 2786, 31 – 33. [Schließen] An unsere liebe Loder und ihre Kleinen habe ich recht viel gedacht, ja oft schon den Vorsaz gefaßt mich durch ein Brieflein in ihr Andenken zurük zurufen und von ihr zu erfahren wie es ihr geht. Ich wünsche daß ihre lange Strohwittwenschaft so freudenreich sein möge in jeder Hinsicht als sie gewiß einträglich ist. Denn Loder curirt ja Gott und die ganze Welt in Rußland und muß mit ungeheuren Beuteln Geldes beladen zurükkommen. Besser kann sich underdeß, des bin ich gewiß die liebe Freundin nirgends befinden als bei Ihnen. Wehte mich doch in meiner unerwünschten Muße ein guter Nordostwind einmal zu Ihnen hinüber in die mir so lieben und leider noch gar nicht gekannten Gegenden. Aber so etwas bläst nicht in meine Segel und ich habe meine Erholungen alle müssen im Norden suchen.

Soll ich Sie um Verzeihung bitten, daß ich Ihnen so viel vorgeplaudert habe? Mögen Sie es mir recht reichlich vergelten wenn wir uns Gott gebe bald einmal wiedersehn.  Meine herzlichen Empfelungen an Ihre liebe Frau .

Ganz der Ihrige Schleiermacher.

Zitierhinweis

2861: An Karl Friedrich Ernst Frommann. Berlin, Sonnabend, 8. 10. 1808, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006690 (Stand: 26.7.2022)

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