D 26t Sept. 8.
No. 8.
Lieber lieber Ernst wie hast Du doch so lange mich können ohne
Nachricht laßen – Ich war am Sonnabend ganz gewiß es müße
ein Brief da sein, als keiner kam ward ich etwas unruhig
und die ganze Nacht hatte ich allerlei Träume
von Dir worin Dir viel trauriges begegnete und ich viel
Angst um Dich litt. Dieser Traum wirckte noch den Morgen in
mir nach so daß mir sehr schwer zu Muthe war.
Ich übergab die Henriette Pauline Marianne und Ehrenfried von
Willich
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Kinder
Sophie Schlichtkrull, die Schwester von Henriette
von Willichs erstem Ehemann, bei der sie nach dem Tod ihres Ehemanns mit
ihren Kindern wohnte.
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Sophien
und ging nach Götemitz
um Henriette Herz
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Jette
zu sprechen in der Hoffnung daß diese Briefe haben
würde, vielleicht auch eine Einlage für mich. Diese
Hoffnung ward freilich getäuscht aber doch ward
ich durch Jette
so völlig beruhigt daß ich ganz heiter zurükkehrte – Seit dem Vgl. Brief
2818.
[Schließen]Briefe vom 5ten habe ich nichts – nun morgen doch ganz gewiß. Die Kinder sind eigentlich wohl jezt obgleich
sie noch mediciniren und das Zimmer hüten
der Junge
ist gar freundlich und lieb.
Henriette Pauline Marianne von Willich
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Jette
abwechselnd so unaussprechlich süß und
so heftig daß ich nicht weiß was beginnen. Sie hat gar
keine Idee von dem Unterschiede unter uns Beiden, alles was
sie von mir hört wendet sie zu ihrer Zeit wieder auf mich
an. Heute z.B. hatte ich es grade eilig, nahm ihr die
Scheere aus der Hand indem | 31v ich kurz sagte ich muß
sie brauchen liebe Jette – da kam sie auf mich zu, schlug
mich, und sagte, hättest Du mich artig gebeten so hätte ich
Dir gerne die Scheere gegeben, so aber hast Du sie nicht
verdient gieb sie den Augenblick zurück und so weiter.
Wie lächerlich dies bisweilen ist davon hast Du keine Idee,
jede kleine Predigt, jedes Verbot das sie von mir hört
bringt sie wieder an mit dem größten Ernst. Ich habe bisher
dies scherzhaft aufgenommen und nur allenfals lächelnd ihr
gesagt daß es einfältig sei daß sie so zu mir nicht
sprechen muß – kann ich etwas weiteres thun? Uebrigens hängt sie auch jezt
außerordentlich innig an mir –
Nun habe ich eine lange
Beichte von allen Eröffnungen unsers
Verhältnisses, Dir zu thun lieber Ernst.
Erst habe ich
Marianen und Tante
Baier geschrieben und von Beiden sehr herzliche Antwort erhalten.
Tante grüßt Dich und seit sie Dich in Wieck
gesehen erinnere sie sich sehr freudig Deiner.
Dann habe ich gestern auf
Charlotte von Kathen
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Lottens
und
Jettens Rath
selbst mit Kathen gesprochen, ich
wollte ungern daran Du weißt er hat mich sehr in Furcht es
ging aber recht gut, er war freundlich und sagte er freue
sich und ich möge das Glück nur nehmen das sich
mir biete.
Noch habe ich | 31a
geschrieben an die
Hochwächter in
Milzow
wieder auf Jettens und
Lottens
Zureden, an die Friederike Israel
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Israel
mit dem Auftrage es der Charlotte Cummerow
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Cummerow
in meinem Nahmen mitzutheilen doch sonst Niemandem.
Früher schon hatte ich es auch meiner
Schwägerin
Karoline Christine Friederike von
Mühlenfels
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Caroline
gesagt, die auch
sehr herzlich sich freute und mir dagegen ihre Hoffnung
Mutter zu werden, vertraute.
Gott gebe daß es einmahl glücklich gehe.
Meine Schwester Louise von Benda, geb. Mühlenfels
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Louise
war ein paar Tage während Schlichtkrulls
in Sagard
waren, bei mir sie ist mir
wieder noch lieber geworden, ich las ihr auch Manches aus
Deinen Briefen vor, das sie mit wahrer Rührung
anhörte. Sie ist mehr als sie scheint,
wäre doch der Benda ein andrer Mensch!
und wie sieht sie ihn – welch ein Ideal lebt
von ihm in ihr, mit wircklich frommer Liebe liebt sie ihn.
Einliegender Brief ist an
die in Berlin lebende Großmutter Henriette
von Willichs, Frau von Mühlenfels
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Großmutter
, Du weißt ja wohl sie wohnt in der
Kochstraße 19. er enthält auch die Eröffnung
unsers Verhältnisses unter dem Siegel der Verschwiegenheit.
Ich habe ihr bald einen Besuch von Dir versprochen.
Du hast nun wohl schon Reimers
und den nächsten Freunden von uns
gesagt? oder wirst es
thun? Hier wird es wohl nicht lange mehr Geheimniß bleiben
| 31av mir ist es nun auch gar nicht mehr
unangenehm wenn es auch ganz bekannt wird, und
sehr lieb wenn ich durch Mittheilung zur rechten Zeit allen
Empfindlichkeiten vorgebeugt.
Höre in diesen Tagen reiset Schwarz seine Philippine zu hohlen –
ich bin sehr froh daß es so weit ist. Gott welch ein Wiedersehn mit
Philippinen! ich
fühle doch daß ich sie ganz besonders lieb habe.
Jette wird wohl geschrieben haben daß wahrscheinlich Michaelis ein Lehrer in
Götemitz komt,
daß ich Luise von Willich
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Louise
hier haben werde diesen Winter ist mir sehr lieb –
wircklich sehr lieb. Gott wie
wenig sehe ich Jette wie wenig habe ich von ihr. Zu Fuß komt sie gar nicht mehr.
Wie einsam und
abgeschieden von meinen Lieben ich bin und noch
mehr diesen Winter sein werde denkst du dir gar nich.
Lotte Pistorius
habe ich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, sie war
recht krank die Arme, nun ists besser. Mit ihr ist es beim alten.
Morgen reisen lies: Icke für Friederike Israel; Tante Willich
war eine in Stralsund
lebende Tante Ehrenfried von Willichs.
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Tante
und
Jete(?)
nach der Stadt zurück da werden wir noch
einsamer.
Herzens lieber Ernst laß Dich recht süß süß küssen – und einen tiefen Blick in Deine lieben Augen – und sei mir auch so gut als ich Dir bin, so unaussprechlich gut. Deine Jette.
Vergiß auch nicht
des Onkels zu erwähnen wenn Du zur
Frau von Mühlenfels
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Großmutter
gehst.
Wüßte ich doch warum ich immer
so abscheulich schmiere wenn ich an Dich schreibe. Aber Du
solltest meine Federn sehen!
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