Kbg d 5t Sept. 8.
No 7.
Liebe einzige Jette da habe ich nun so lange aufs sehnlichste geharrt
endlich hier in meiner Verbannung einen Brief von Dir zu
haben, Vgl. Brief
2801,
3 – 40.
[Schließen]und nun erschreke ich mich und quäle mich über
Deine zärtliche Angst um mich, als wenn ich über der Zeile
⎡
nicht
doch im voraus hätte wissen müssen daß ich Dir solche
erregen würde. Du Arme daß das nur das erste sein muß was
ich Dir bringe! Aber sieh die Sache beschäftigte mich zu
sehr als daß ich nicht Dir hätte davon sagen müssen denn es
giebt nun gar nichts in der Welt was
ich nicht mit Dir theilen muß so weit als irgend möglich.
Aber ich hatte auch darauf gerechnet daß meine große Ruhe
wieder beruhigend auf Dich wirken mußte und nun sehe ich
das auch Vgl. Brief
2801,
91 – 111.
[Schließen]am Ende Deines Briefes und freue mich dessen ganz innig und danke Dir daß
Du auch die erste Angst mit mir getheilt hast in der ich
doch Deine Liebe wieder von einer neuen Seite ausgedrükt
finde. Auch fällt mir gar nicht ein Dich erst um
Verzeihung zu bitten daß ich sie Dir verursacht
habe denn das mußte ja so sein. Wärest Du schon bei mir
gewesen | 20v so hätte ich Dir eben so wenig gesagt
wie die andern Freunde die auch verheirathet sind den
ihrigen aber Du hättest es dann nothwendig ahnden müssen
und ich hätte gleich bei dem lieben Geschäft anfangen
können Dich zu trösten und Deinen Muth zu beleben. Sieh einzige liebe Jette ich weiß die Liebe für das Ganze ist so
Eins mit der Liebe zu Dir und zu unsern
Kinder der Henriette von Willich aus erster
Ehe
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Kindern
, daß ich eben alles was geschieht für
Dich und für die Kinder thue für die ich ja alles thun muß
ohne an Noth und Gefahr zu denken. Nimm hinzu daß es nicht ein
bloßes Privatunternehmen ist, was doch leicht
hätte zu abentheuerlich sein können als daß ich es
zuträglich gefunden hätte mich daran zu schließen; sondern
es komt von oben herab, von denen welche den ganzen Staat
leiten und ich würde mir es zur nie auszulöschenden Schande
rechnen ihnen nicht auch hierin mit allen meinen Kräften zu
Gebote zu stehn da sie mir vertrauen. Und unser künftiges
Leben liebe Jette, wie soll ich es anders und schöner und
kräftiger bereiten, wenn doch diese Zeit nun dazu bestimmt
ist, als eben so. Laß aber auch nicht aus den Augen, daß
unter allen grade mir aller Verhältnisse und aller
Geschäfte wegen die mir obliegen werden, die Gefahr am
wenigsten nahe kommen kann, und daß überhaupt
nichts unternommen wird, woran man nicht das Gelingen
gleichsam | 21 mit Händen greifen
kann. Laß also Deinen Heroismus nur ganz die Oberhand
gewinnen, und nichts was noch dazwischen liegt Dich hindern
so froh und zuversichtlicher in unser schönes Leben
hineinzusehen wie ich es thue. Täglich und
stündlich
spiegele ich mich
über den ursprünglichen Text geschriebenspiegelt es sich mir
in dem frohen freien zärtlichen Leben der lieben Menschen
mit denen ich jezt bin, und ich kann mich dennoch nicht
enthalten bisweilen zu denken, daß das unserige doch noch
schöner sein kann als das ihrige, weil es noch thätiger
noch mehr mit der Welt verflochten sein wird. Jette Du süßes Kind ich lebe in gar nichts anderem
als in dieser herrlichen Hofnung, ich habe Dich und unsere
Kinder immer vor
Augen und im Herzen, und kein Gedanke von Besorgniß hat
mich noch gestört. Wie freue
ich mich Deiner Sehnsucht jezt bei mir zu sein; und wenn es
nicht ist und nicht sein kann,
laß uns das Hinderniß nicht darin sezen daß ich dann
doppelt zu sorgen hätte die Sorge ist ja immer dieselbe und
immer gleich mit der Liebe, sondern laß uns dann ganz
einfach die Ursach in den äußern Umständen suchen denen ja
zukommt auf das Aeußere Einfluß zu haben. Innerlich bist Du
ja schon ganz mein Du einzige herrliche mit dem köstlichen Schaz
den Du mir zubringst. Jette ich kann Dir gar nicht sagen
wie ich Dich liebe, wie mir so göttlich zu Muthe ist in
Deinem Besiz. Hier werde ich fast stündlich erinnert an Dich von
den lieben Wedekes die
auch was ich ihnen in einer schönen Stunde sagte mit der
herzlichsten Freude aufgenommen haben.
Heute ist ein heiliger Tag | 21v der Geburtstag
unseres
Ehrenfried von Willich
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Ehrenfrieds
in das erste schöne Glükk Deines Lebens, dessen köstlichste
Früchte nun aber in meinen Schooß hineinfallen, o Jette süße Braut und dann noch der Geburtstag unserer
theuersten
Henriette Herz
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Freundin
die doch inniger als irgend jemand
unserm künftigen Leben angehören wird. – Aeußerlich würde
ich auch heute sehr zerstreut leben, aber in mir werde ich
ein stilles herrliches Fest begehn.
Wenn Du an Willich schreibst so
grüße ihn doch aufs brüderlichste von mir und sage ihm
es habe mir schon auf der Zunge geschwebt auf
unserer Reise nach Mönkgut
. Freuen wird auch
er sich herzlich mit uns.
An
Schlichtekrull wäre es noch am besten wenn Sophie Schlichtkrull
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Sophie
es eben so sagte
wie Charlotte von Kathen
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Lotte
es an
Kathen zugestanden hat.
Du weißt indeß daß ich gegen
nichts Einwendungen mache was Du in dieser Hinsicht thust
oder unterläßt.
Sage unsern Kindern recht viel von mir und sorge auch daß Ehrenfried von Willich (d. J.)
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Friedchen
mein Name wenigstens geläufig bleibe – aber liebe süße Jette laß Dich
erbitten sage nicht mehr „meine süßen Kinder, mein kleiner Junge“
wie zweimal in Deinem Briefe steht. Sind sie denn nicht
schon lange auch mein ganz mein? Hast Du mir nicht mit dem
schönen Ja dessen Das Paar gedenkt jeden Montag als den Wochentag
ihrer Verlobung.
[Schließen]Wochentag ich heute auch feire, ganzen vollen Vaterantheil an ihnen
beigegeben
über der Zeilegegeben
?
Sorge mir nur ja recht für ihre Gesundheit.
Vgl. Brief
2801,
66 – 68.
[Schließen]Daß der Friedchen schon wieder das Fieber
gehabt hat! ich bedaure ihn zwar nicht weiter, denn er ist ja
von Dir gepflegt worden aber es ist mir doch fatal. Und nun ist gar
die böse Ruhrzeit hüte sie da nur ja recht. Dir kann man
das wol sagen denn verweichlichen wirst du sie doch
nicht
Gott wird mit mir sein und mit Dir. Glaube und Liebe ohne Maaß sei unsre Losung und so umarme ich Dich aufs innigste und sehnsuchtsvollste.
ErnstTausend Grüße an Alle. Du schreibst mir gar kein Wort von unserer
herrlichen Charlotte von Kathen
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Lotte
. Schreiben kann ich
heute an Niemand mehr. | 20
am linken Rand von Bl. 20
Die
Schelte habe ich ganz vergessen die du doch
wirklich verdienst. Vgl. Brief.
[Schließen]Thue es mir doch um Gottes willen nicht mehr
etwas zu verbrennen was du mir
geschrieben hast; es ist ja ein Raub vom Altare der Liebe. Und glaube ja
nicht, daß es nicht immer und grade jezt besonders Zeit
wäre von allem zu reden was Dein liebes Herz bewegt. –
Deinen Brief erhielt ich gestern eben als ich aus der
Kirche kam, wo der ganze
| 20v
am linken Rand von Bl. 20v
Hof
und fast die ganze vornehme Welt hier Zuhörer gewesen
waren; ich hatte aber schlecht gepredigt,
zum Theil eben deswegen und es war mir auch gar nicht so zu
Muthe, wie wenn ich viele von meinen Kindern in der
Kirche
habe.
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