Kbg d 30t. August. 1808.
Die erste Zeit meines hiesigen Aufenthaltes lieber Freund wollte mir gar
nicht recht günstig sein ich fand niemanden den ich suchte,
Fabian von Dohna-Schlobitten, vgl. Brief.
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und fast wäre mir sogar ein Reisender von
Bedeutung entschlüpft ohne daß ich ihn gesehen und
ohne daß ich vorher eine einzige Bestellung ausgerichtet
hätte.
Desto glüklicher war ich während dieser Tage in andern
Privatverhältnissen, Vgl. auch den Brief an
Schleiermachers Braut Henriette von Willich.
[Schließen]habe recht glüklich gelebt in Wedekes Hause
dessen Freude bei meiner höchst unerwarteten Ankunft
ganz übermäßig groß war,
habe mich des unermüdet fortdauernden schönen Wetters
erfreut, ein paar interessante Bekantschaften
gemacht und erneuert, und so dergleichen.
Quednow will mich predigen hören; vielleicht sehe ich dann auch ihn und seine
Frau
.
Kronprinz Prinz Friedrich Wilhelm und Prinz
Wilhelm Friedrich Ludwig, die beiden ältesten Kinder Friedrich Wilhlem
III.
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Die beiden Söhne habe ich schon öfter gesehen und frischer und
tüchtiger gefunden als sonst.
Schleiermacher notiert erst für den 7.9.1808 in
seinem Tageskalender: „Die Briefe an Göbbels und Nicolovius abgegeben“,
vgl. Friedrich Schleiermacher: „Tageskalender 1808–1834“; Göbbels ist
wohl der Königsberger Verleger Johann Philipp Göbbels. Nach Raack ist
Nicolovius ebenfalls ein Deckname, dagegen spricht jedoch, dass
Schleiermacher Nicolovius auch in seinem unverschlüsselten Tageskalender
nennt; es könnte sich sowohl um den Königsberger Verleger Friedrich
Nicolovius als auch um seinen Bruder, den Theologen und
preußischen Beamten Georg Heinrich Ludwig
Nicolovius handeln.
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Deine Briefe an Nicolovius und
Göbbels
konnte ich nicht so schnell und dringend
abgeben
daß es möglich gewesen wäre das Geld
schon dem Reisenden mitzugeben, zumal ich von seiner Abreise zu spät
unterrichtet wurde. Nun denke
ich soll alles gehn;
jetzt
bin ich lediglich in meinen
Geldangelegenheiten denn mit den Gelehrten gebe ich mich
nicht ab. Die Universität
ist recht gut
im Zuge und creirte den ersten Tag einen
Doctor. Ich
habe
alles worauf ich einigermaßen neugierig
sein konnte
kennen
gelernt und bei den Kaufleuten
überall
freien Zugang; sie verstatten sonst nicht gern den Berlinern
Zutritt. Für unsere
wesent und
unentbehrlichsten
Bedürfniße bringt der Reisende, von dem bei Ahlemann viel die Rede war,
Friedrich
Dohna, den ich Dir noch eigens
überdies als
meinen alten geprüften Freund
und zu meiner Freude wolgerathenen
Zögling
besonders empfehle und der kurz vor oder nach
diesem eben deshalb weit kürzer als sonst
abzufassenden
Briefe
ankommt, Erledigung, Geld, dem Hauptschwezer den Befehl sich
nicht mehr mausig zu machen und das Signal
zum Aufbruch,
für Mithof die Erlaubniß zu bleiben. Sonst
aber wird er auch noch allerlei erzählen. Andern Ortes
habe ich auf
den ersten Anlauf noch nicht recht viel ausgerichtet, zumal
was den Abschluß des Haupthandels betrifft.
Den
Zeitpunkt will man von hieraus bestimmen, und Katt will bei der Uebergabe selbst zugegen
sein und unterschreiben. Er
wollte sich
auf den Fall daß dies unmöglich sein dürfte als Bürge
wenigsten legitimireren; auf den Rükkauf soll ich mich, als
auf einen
höchst unwahrscheinlichen über der ZeileFall
nicht einlaßen; auch sah ich den Werth mancher Theile
ganz anders und größer an als
er die
Nothwendigkeit eine vertraute sichere und schnelle Com
Nachricht herbeizuschaffen. und bei guter Zeit genauere
Communication
im innern des Amtes zu haben nicht ein, in seinen Bekannten zu
großes Vertrauen in dergleichen Dingen,
in der That
zu meiner Verwunderung; doch ich hoffe das
gewinne ich noch von ihm, daß er mir hierin dient; ich hoffe dies erreiche
ich durch
einen zweiten Anlauf. Christ hat mich sehr freundlich selbst durch
Katt zu sich rufen lassen, mich sehr artig
empfangen,
aber nur von der Universität
mit mir gesprochen.
Prinz Radziwill war eben bei ihm. Dieser ging freilich früher,
vielleicht wußte er mein Verhältniß zu den übrigen Dingen noch nicht.
Friedrich August von Staegemann
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Stegemann
habe ich auch nur sehr besezt gefunden,
ich soll aber
wiederkommen, und dann hoffe ich mit ihm und
Neubauer viele Geschäfte zu machen. Manche
suchen zu meinen Ärger
vorzüglich
über die allgemeinen politischen Ideen zu
verhandeln, auch Neuigkeiten
von mir zu hören. Gern halte ich mir die recht ab;
Mansfeld
der mir außerordentlich gefallen hat, ist hierzu sehr gut, ich
würde mich sonst todt langweilen bei solchem Geschwäz.
Uebrigens
stehn die Leute, hier wunderlich zusammen.
Katt sagte mir von vielen kleinen
Zänkereien auch schien es
mir gleich
Rühlig wäre nicht recht unterrichtet, und als ich zu diesem und
von ihm zu Voldberger und Wundersam
(?)
kam und zusammen nahm was er und Tittel mir
sagten, so ging mir ein wunderliches Licht auf. Sehr bald
bemerkte
ich daß diese beiden eigentlich eine Art von Opposition
gegen Christ der ihnen doch so
wohlwill und sie weit übersieht
bildeten,
welche wenn es möglich wäre daß sie jemals siegte viel
verderben könnte. Ich glaube daß diese Compagnie sehr
verrüktes
Zeug anstellen würde. Wie weit ich die andern, durchaus
reineren ins Interesse ziehn
kann, und die reicheren
und
kräftigeren hierauf aufmerksam machen muß weiß ich noch
nicht. Sichere Speculationen kann ich auch noch bilden,
es
muß sich mir durch die nächste Unterredung ergeben. Leider
habe ich,
worauf mich
Wedeke schon vorbereitete
unsern Tittel
nicht so rein gefunden als ich wünschte. Es blikte durch
alles ein Geist der im großen Handel nicht taugt ein
schlechter Geist
von
kleinlicher Intrigue durch, wie er wol in Menschen, die viel
auf künstlich herbeigeführte Umstände
rechnen oder auf
geheime
Gesellschaften halten zu sein pflegt. Er möchte gern Christ etwas herunter beugen und zum großen
Theil die Geschäfte
in seine
Gewalt bekommen, oder wünschte gar Rühlig, den er mir ehe
ich noch Gelegenheit gehabt hatte ihn selbst zu sehn
über die
Maaße als einen höchst kräftigen Menschen rühmte, wie
ich ohnerachtet ich durchaus
unpartheiisch gestimmt war
ihn gar nicht
gefunden habe, an Christs Stelle, und schien jezt, in
dieser auf ganz andere Gegenstände die
Betrachtung lenkenden
Zeit einen
großen Werth auf die richtigere Besezung einzelner
Stellen in den Comtoirs und
Buchhaltereien bei seinen Freunden
zu legen, und
auch einen Einfluß hier und
auch anderwärts auf das was man im
nächsten Jahre zu unternehmen geneigt und bereit
sein könnte
übermäßig
zu verlangen. Der Menschen ist von einer unbändigen Unruhe, und komt
weder zum Handeln noch zum Genuß über sein vieles
Bestreben.
Das musterhafte meines Briefes ist hier freilich zu Ende,
indeß habe ich doch noch mancherlei hinzuzufügen. Gestern war ich bei dem jungen Quednow wo die
sonderbarsten Gerüchte herumgingen,
allem was ich aus Katts und Neubauers Reden
schließen mußte rein zuwiderlaufend;
sie scheinen sich auf
neuangekommene zu gründen, ich weiß also nicht was daran
ist kann dir aber erst nächsten Posttag genaueres darüber
sagen da heute die Post zu früh abgeht.
Nemlich der
Herr des Kohlgartens
soll auf dem Amt erklärt haben,
er würde wenn es
[...](?)
über den ursprünglichen Text geschriebenwegen
des Schindangers zum Streit käme dem lieben Mann mit allen
seinen Kräften beistehn;
darauf sei dann alles
zwischen dem Amt und dem lieben Manne
beigelegt worden,
so daß dieser nun alle seine Kräfte und Zeit
ungestört darauf wenden könnte lies: das
[Schließen]daß
Schul | 91vzengut zu verbessern, welches
ungeheuer verwüstet sein soll,
wovon Dir wol Friedrich Graf zu Dohna-Schlobitten
[Schließen]
Dohna
das nähere erzählen wird.
Ich glaube indeß nicht daß
es so schlecht um unsere Absichten steht; auch würde ich
selbst in diesem Falle nicht dafür sein sie ganz fahren zu
lassen, zumal seitdem ich weiß wie vortreflich der Baumgarten,
wahrscheinlich durch einen englischen Gärtner bearbeitet ist,
und daß das Freigut mit einer großen Heerde englischer Schafe besezt werden
soll. –
Unzuverläßige Nachrichten nun die uns nicht interessiren vom Abzuge der Franzosen aus der Gegend von Danzig und dgl theile ich um so weniger mit als
ich die höchste Eil habe zu schließen. Versichere nur unsere Freunde
daß ich mit dem größten Eifer fortfahren werde die
gemeinschaftliche Angelegenheit zu betreiben,
und daß sie auch hier nicht so lau betrieben wird als wir
fürchteten.
Katt
Neubauer und Mansfeld
sind gewiß durchaus vortreflich
und auch von Christ ist nicht zu besorgen daß er einen
falschen Schritt in dieser Sache thun wird weder aus Feigheit
noch aus Uebermuth. – Da jedoch die Umstände nicht so sind daß es
dringend würde meine Rükkunft zu beschleunigen so bleibe
ich vielleicht noch bis Ende künftiger Woche hier da ich
manche Leute nur sparsam sehn kann. Grüße alles und
Anne (Nanny) Schleiermacher
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Nany
soll nicht böse sein daß ich heute nicht
mehr schreiben kann.
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