B. d 20t. Aug. 8.

An Jettchen No. 4

Liebste Herzens Jette  Vgl. Brief 2791, 135 – 151.  [Schließen]als ich Gestern an Dich schrieb wußte ich noch nichts und heute ist mir die Reise nach Königsberg so auf den Hals gekommen daß ich mich Morgen Abend schon auf den Wagen seze. Des morgenden Tages bin ich gar nicht sicher er wird unter tausend Verwirrungen Zubereitungen Schreibereien hingehn und so benuze ich noch die lezten Augenblike dieses Abends um ein Paar ruhige Worte mit Dir mein süßes Leben zu plaudern. Ich denke in fünf Tagen in Königsberg zu sein, und wenn es möglich ist nur zehn bis zwölf Tage da zu bleiben, dann eben so schnell zurükzureisen. Du siehst nun da den Jammer daß ich die ganze Zeit über fast wenig von Dir hören werde. Die ersten Briefe kann mir   Anne (Nanny) Schleiermacher  [Schließen] Nanny wol nachschiken, aber hernach? Auf jeden Fall bitte ich Dich mir mit der nächsten Post nach Empfang dieses ein Paar Worte nach Königsberg zu schreiben. Adressiere nur Königsberg in Preußen bei dem Herrn OberHofprediger Wedeke. Und weil doch eine Möglichkeit ist daß ich unerwarteter weise länger aufgehalten werde als ich meine so kannst Du das wol noch einmal wiederholen; schreibe doch aber zugleich auch hieher, es ist doch wahrscheinlicher daß mich dies findet als jenes. Von mir sollen Dir Nachrichten nicht fehlen ich schreibe vielleicht schon von unterwegens, gewiß gleich nach meiner Ankunft. Meinen lieben Wedeke's, von denen Du gewiß schon durch   Johann Ehrenfried Theodor von Willich  [Schließen] Ehrenfried weißt und noch mehr durch große Jette erfahren kannst werde ich eine große Ueberraschung machen. Sie haben gewiß schon auf mich gescholten wegen eines ungeheuer langen Schweigens, und nun erscheine ich auf einmal selbst, ihnen grade vor die Thüre fahrend, um bei ihnen zu wohnen. | 16v  Schleiermacher war im Hause des Grafen Friedrich Alexander zu Dohna-Schlobitten und seiner Frau Caroline Hauslehrer. [Schließen] Dann sehe ich auch ein Paar von meinen Zöglingen nebst ihren Eltern und sonst mancherlei alte Bekannte und Königsberg ist doch eine Gegend wohin wir zusamen hernach schwerlich würden gereist sein, darum freut es mich recht es so mitnehmen zu können. Wunderbar aber, mir ist nun als reiste ich erst jezt von dir, und so hoffe ich soll mir auch sein wenn ich zurük komme als wäre ich Dir nun wieder unmittelbar nahe.

 Vgl. Brief 2769. [Schließen] Eben liebste Jette kommt ein Brief von meiner guten Lotte , schon Antwort enthaltend auf das was ich gleich nach unserer Rükkunft schrieb und du kannst denken wie voll herzlicher Freude. Aufs schwesterlichste begrüßt sie Dich und findet sich vortreflich in die Einheit von Tochter und Braut in Dir – so wirst Du auch gewiß eine Schwester und eine Tante in ihr finden. Sie freut sich auf 1810 aber auch vorher hofft sie schon von Dir zu hören. Sie fragt wie unsere beiden Kleinen heißen was ich ihr zu schreiben vergessen, und räth sogar glüklich indem sie schreibt „hätte doch Deine süße Tochter und Braut eine kleine Jette so wären es ihrer drei.“ Sie denkt ganz Rügen weiß es schon, und fragt besonders wie Tante Baier uns mit sanfter Rührung und Würde ihren Segen ertheilt hätte. Ich wette fast wenn sie nächstens an groß Jette schreibt bekommst Du ein Zettelchen von ihr. Ihre Freude hat mich recht innig gerührt, und so wird sie noch von mehreren Seiten uns entgegenkomen. Liebste Jette so viele herrliche Menschen freuen sich über uns, sehen auf uns mit herzlicher Liebe, mit wahrer Andacht kann man wol sagen. Was für ein schönes Leben müssen wir führen um ihren Gefühlen zu entsprechen. Ich bin ganz Demuth und Beschämung wenn ich daran denke. Aber werden wir nicht auch herrlich und schön leben? Du liebe süße, ja ganz gewiß. Sei mir nur recht hold und gut, pflege unsre süßen Kinder und küsse sie von mir und grüße alle unsere Lieben

 Vielleicht mitgesendet im Brief 2776. [Schließen] Und nun kommt da noch die Weste mit der Du mich beschenkst. Tausend Dank liebe so eine kleine Ueberraschung ist etwas ganz liebliches und schönes.

Zitierhinweis

2795: An Henriette von Willich. Berlin, Sonnabend, 20. 8. 1808, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006624 (Stand: 26.7.2022)

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