Halle den 12ten July 08.

 Vgl. Brief 2731, 25 – 58 und Brief *2748.  [Schließen] Was in aller Welt mag ich Ihnen doch über die Predigten geschrieben haben daß Sie glauben konnten ich setzte die erste Sammlung unbedingt über die zweite? Diese letzte findet bei mir keine andern Schwierigkeiten als die jeder neue Ankömmling findet in die Rechte eines älteren Freundes einzutreten, auch hat sie seitdem schon bedeutende Fortschritte gemacht. – Daß ich Ihren Auftrag an die Niemeyer ausgerichtet habe wird Ihnen beiliegendes Blatt zeigen,  Vgl. Brief 2731, 19 – 21. [Schließen] daß aber der Schiffer Böttcher den seinigen an Sie vergessen dafür kann ich nicht und wünsche nur daß er das Rattengift welches ihm einzeln übergeben war nicht selbst zu sich genommen haben möge.

Sie sind ja recht guter Dinge in Ihrem letzten Briefe, macht das die Rügener Reise oder die gehaltlose Stelle oder die Aussicht auf ein hübsches Mädchen die einen so wohl versorgten Mann nicht leicht verschmähen dürfte? Die Reise abgerechnet bin ich ohngefähr in demselben Fall mit Ihnen und lebe in den Tag hinein wie es Gott gefällt. Der Regierung scheint zu gefallen unsere | 30v Geduld etwas auf die Probe stellen zu wollen. Noch gestern sagte mir der   Wilhelm Christian Goßler, Präfekt des Departements der Saale [Schließen] Präfect , der   Joseph Jérôme Siméon, Justiz- und Innenminister des Königreichs Westphalen (bis 31. Dezember 1808 in Personalunion)  [Schließen] Minister meine die Gemeinden könnten wohl ihre Prediger selbst bezahlen oder Halle eine reiche Stadt wie er wisse könne sie aus der Kämmerei besolden. Letzteres ist sehr ernstlich gemeint und wäre mir beinahe lieber als von der Regierung ewig etwas zu erbetteln.   Gemeint sind wohl die Honorare für Schleiermachers Platon-Übersetzungen und seine Arbeit über Herklid „ Herakleitos der dunkle, von Ephesos “ (1808).  [Schließen]Bei diesen Zögerungen und da mir weder Platon noch Heraclit wie Ihnen Vorschub leisten bin ich denn nun ein weidlich geplagter Mann geworden und die Leute meinen ich könnte noch froh sein daß mich Studenten und andere Geschäfte plagten. Geht aber nur nicht alles verrükt so denke ich diese Wirthschaft hat zum längsten gewährt und das nächste Jahr sieht mich als einen, nach meiner Art versteht sich, opulenten Mann. Die Verhandlungen wegen  Vereinigung der deutsch-reformierten und französisch-reformierten Gemeinden in Halle [Schließen]der Kirchen Vereinigung sind nehmlich gut eingeleitet. Der Dom hat mich zum 3ten Prediger erwählt, ich habe meinem Consistorium und nachher einer Versammlung von GemeindeGliedern begreiflich gemacht daß unter diesen Umständen kein ander Heil für sie sei als bei einer Vereinigung. Das haben sie sich nun wirklich glauben machen | 31 lassen, denn einigen, die immer noch an die ehemaligen Verhältnisse dachten, und wie die Menschen überhaupt gern etwas einzelnes sein möchten, ging es wohl nicht ganz von Herzen. Wir erwarten nur noch Bassenge's Rükkunft von Naumburg um das Nähere zu verabreden und dann an die Regierung zu gehen deren Beistimmung wir hoffen dürfen weil sie offenbar dabei gewinnt. Eins wird aber wohl bleiben müssen nehmlich eine französische Predigt zur alten Stunde von meinem  Marcus Phillip Ludwig de Obern (O’Bern) [Schließen] Collegen gehalten der durchaus nicht außer Thätigkeit gesetzt sein will, das mag dann mit ihm einschlafen. Ich wäre herzlich froh diese nun schon etwas lästige Sache vom Halse zu haben, und endlich etwas Muße zu gewinnen woran es mir jetzt gänzlich gebricht. – Niemeyer ist ein rechter französischer Kanzler er setzt alles durch, richtige Zahlung, Anstellung neuer Professoren e.g. den Doktor Senf, ja selbst die Accise Competenzen die uns armen gestrichen sind bekömmt die Universität ; das größte aller Wunder aber ist wohl dies, er weiß sich so geschikt zu benehmen daß selbst Steffens mit lachendem Munde ihm das gebührende Lob ertheilt. –  Was ich von Münchow der soeben | 31v von Konopack aus Rostock zurückkömmt gehört aber über Berlin und die Marken, klingt sehr traurig. Lassen Sie es Sich dafür auf Rügen wohlsein wo es wie ich gehört habe Nanny über die Maßen gefällt.

Ich habe einen Brief von Harscher worin er von seiner nahen Reise nach Hause spricht ohne zu erwähnen ob er über Halle kommen wolle.  Die Anspielung konnte nicht aufgeklärt werden. [Schließen]Er sagte kein Wort von einer Sache die ich durch Steffens erfahren habe und die mir seinetwegen sehr leid thut, von Varnhagen erwartete ich dergleichen schon eher.

Lassen Sie nur ja   Röm 5,5  [Schließen] die Hofnung Sie in Dessau zu sehen nicht zu Schanden werden, eine Reise dahin ist ungefähr alles was ich in diesen Zeiten erschwingen kann und nach Berlin zu kommen hätte ich jetzt nicht einmal Lust.

Dohlhoff und Rienäcker der noch viel heirathslustiger ist als Sie indem er vielleicht schon in 4 Wochen zum Werke schreiten wird, lassen Sie herzlich grüßen , mich aber empfehlen Sie der Hofräthin Herz und vergessen Sie nicht   Anne (Nanny) Schleiermacher  [Schließen] Nanny schönstens zu grüßen.

Leben Sie wohl auf baldiges Wiedersehen

Blanc

Zitierhinweis

2766: Von Ludwig Gottfried Blanc. Halle, Dienstag, 12. 7. 1808, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006595 (Stand: 26.7.2022)

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