Dem / Herrn Profeßor Schleiermacher / in / Berlin / durch Güte / abzugeben in der / Langenschen Buchhandlung [Autorfußnote Bl. 36v]

Bergen d. 16t Feburar – 8 Morgens 8 Uhr

Mein lieber lieber Schleier, süße Jette. Einen herzlichen Gruß muß ich Euch sagen wenn es auch nicht mehr wird – ich bin hir in Bergen – schon 8 Tage, ich wollte gerne eine kurze Zeit nicht in Poseriz sein, warum nicht, ein Andermal. Von hir aus geht eine Gelegenheit nach Berlin – ein Franzose der mir diesen Brief mit nehmen und besorgen will – ach könnte ich mit ihm zu Euch gehen, und dann Jette hirher holen – meine liebe – Jette

Hier ist alles wohl – die  Kinder von Henriette und Ehrenfried von Willich [Schließen] Kinder auch – wir bleiben diesen Frühling und Sommer in Poseriz – nicht in Sagard

Heute reisen Schlichtkruls nach Sagard und holen mich hier ab,  Henriette von Willich [Schließen] Jettchen bleibt mit den Kindern in Poseriz und  Amalie Baier [Schließen] Malchen Baiern so lange bei ihr –

Mein lieber Schleier, ich mögte | 35v Ihnen so viel noch sagen, aber die Zeit ist zu kurz –

Grüßen Sie herzlich, auch Reimers recht herzlich.

Lieber Schleier, sagen Sie mir doch öfter etwas von  Joachim Christian und Wilhelmine Gaß [Schließen] Gas, er ist gewiß mit seiner Frau in Sagard gewesen – ach ich weiß es, sie hat mich vieleicht nicht bemerkt –   Heinrich Gaß starb am 6. 4. 1807, Wilhelmine Gaß, geb. 6. 12. 1805, starb am 3. 9. 1807.  [Schließen] aber ich vergeße nicht wie sie mich durch ihre rürende Trauer über den Todt eines ihrer Kinder anzog – es war nicht das lezte, sie hatte noch Eins – die arme arme Frau und nun hat sie alle verlohren? – Ach Schleier! – wie hart ist doch oft das Schiksaal – was kann der Mensch alles aushalten, wenn auch nicht verschmerzen – !

Adieu Ihr Lieben! lebt recht wohl und schreibt uns bald.

  Henriette Herz plante, um Ostern 1808 eine Stelle als Erzieherin bei Charlotte von Kathen auf Rügen anzutreten.  [Schließen]Jette, nun ists bald Ostern – ach Jette, wie ist Dir zu Muthe? – | 36 es ist ein Besuch theurer Schwestern und gebunden bist Du nicht –

Eußre Noth haben wir nicht kennen gelernt – und bald kömt der Frühling – „ Zitat aus „Herbstlied“ von Ludwig Tieck („Doch rückwärts kam der Sonnenschein“), in: Friedrich Schiller (Hg.): „Musen-Almanach für das Jahr 1799“, S. 26 – 27.  [Schließen]und rükwärts kömt der Sonnenschein“ – und – bringt allen Menschen Frieden – glaubt es nur! ich glaube es auch! und hoffe es!

Luise

Zitierhinweis

2637: Von Luise von Willich (auch an Henriette Herz). Bergen, Dienstag, 16. 2. 1808, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006466 (Stand: 26.7.2022)

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