Vgl. Brief 3443. [Schließen]Ganz unerwartet, lieber Schleiermacher, erhalte ich gestern schon einen förmlichen Antrag von Humboldt nach Königsberg zu gehen. Ich hatte Ihnen geschrieben, daß bey der Beeilung meiner Antwort, welche Sie verlangten, ich ausser Stande sey, mich mit einiger Bestimmtheit zu erklären, und daß ich über dieß und jenes erst nähere Auskunft zu haben wünsche. Diese, glaubte ich, würde mir durch Sie kommen, und ich erhalte sie, mit einem förmlichen Antrage verbunden, durch Herrn von Humboldt. Dadurch wurde ich überrascht. Immer ist mir noch die große Abgeschiedenheit jener Universität, und zwar zum Theil aus Gründen, die Sie nicht mißbilligen würden, wenn ich sie Ihnen schon nennen dürfte, etwas sehr Unangenehmes bey diesem Rufe. Inzwischen sehe ich wohl  | 26v ein, daß in mehr als Einer Hinsicht meine dortige Lage große Vorzüge vor der hiesigen haben würde. Nur fragt es sich, ob nicht die Section des öffentlichen Unterrichts aus einem gewissen Grunde Anstand nehmen wird, mich wirklich anzustellen. Ich soll nämlich spätstens zu Michaelis die Stelle antreten. Nun ist mir es fast gewiß, daß ich für diesen Zeitpunkt meine Dimission nicht erhalten werde, um so weniger, da ich heute – das verdank’ ich leider Dahls Tode – das Amt eines Rectors antreten muß. Machen Sie damit den Herrn von Humboldt vorläufig bekannt. Ich würde selbst sogleich an ihn schreiben, wenn ich nicht Sie, lieber Schleiermacher, erst bitten müßte, mich dazu in Stand zu setzen. Ich habe nämlich bisher geglaubt, der Chef des Schulwesens sey der Alexander von Humboldt , der berühmte Reisen | 27de. Darin haben mich nun aber Einige hier irre gemacht, welche behaupten, der andere Bruder sey es. Eben so meinen sie, dieser andere Bruder sey es, welcher nach einer neuen Zeitungsnachricht zum Staatsminister ernannt und zum ausserordentlichen Gesandten am Oesterreichisch-Kaiserlichen Hofe designirt worden ist. Hierüber, lieber Freund, bitte ich mir nun von Ihnen hinreichende Auskunft und zugleich die Addresse an denjenigen Humboldt aus, von welchem ich den Antrag erhalten habe. – Sollte es dazu kommen, daß ich nach Königsberg gehe, so würde ich mir wahrscheinlich ein Reisegeld von 400 r ausbitten. Denn bey der sehr weiten Entfernung Königsberg’s von hier scheinen mir 300 r zu wenig. Doch will ich über die Transportkosten vorher noch Erkundigung einziehen, da ich die Papiere über meine Reise hierher noch besitze und wenigstens ohngefähr die Centnerzahl bestimmen kann.

Mit der nächsten Post werde ich mich  | 27v an die hiesige Regierung wenden. Thun Sie mir den Gefallen, lieber Schleiermacher, mir bald zu schreiben, damit ich sogleich wenn ich von ihr beschieden bin, an Herrn von Humboldt schreiben kann.

 Vgl. Brief 3443. [Schließen]Wie steht es mit dem lieben Münchow? hat er an Sie geschrieben? Ich selbst habe noch keine Antwort von ihm. Schreiben Sie auch darüber mir und vergessen Sie nicht, mir den Ort zu nennen, wo er vielleicht eine Stelle haben kann.

Mit vielen herzlichen Grüßen an Sie und an die lieben Ihrigen

Ihr Freund Konopak.

Rostock den 1sten Jul. 1810.

Zitierhinweis

3456: Von Christian Gottlieb Konopak. Rostock, Sonntag, 1. 7. 1810, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007285 (Stand: 26.7.2022)

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